Genomeditierung

Unter dem Begriff Genomeditierung werden moderne molekularbiologische Verfahren zusammengefasst, die ganz gezielte Veränderungen an dem Genom eines Organismus ermöglichen. Dies stellt einen bedeutenden Fortschritt im Vergleich zu klassischen Verfahren der Gentechnik (z. B. Chemikalien oder Strahlung) dar, bei denen sich Mutationen nur sehr schwer kontrollieren lassen. Aufgrund ihrer Präzision zeichnen sich moderne gegenüber klassischen Verfahren zudem in zwei wichtigen Hinsichten aus: Zum einen können die durch sie bewirkten Mutationen von solchen, die auf natürliche Weise zustande kommen, kaum oder gar nicht unterschieden werden. Zum anderen werden durch moderne Verfahren zumeist keine Gensequenzen von außen eingeschleust, sondern das vorhandene DNA-Material wird an einer genau bestimmten Stelle verändert.

Den meisten modernen Verfahren sind grob drei Schritte gemein: (1) Zunächst muss eine spezifische Stelle des Genoms identifiziert und durch zur Zielsequenz passende „Sonden“ angesteuert werden. (2) Anschließend wird der DNA-Doppelstrang an einer exakt definierten Stelle durch sogenannte Restriktionsenzyme (auch Restriktionsendonukleasen genannt) geschnitten. (3) Schließlich reparieren zelleigene Mechanismen die DNA-Doppelstrangbrüche, wobei die Art der Reparatur über die Auswirkungen der Genomeditierung entscheiden. So können durch fehlerhafte Reparaturen einzelne Gene ausgeschaltet werden („Knock-Out“) oder es können Abschnitte eingefügt (Insertion) sowie entfernt (Deletion) oder modifiziert werden, die zur Ausbildung neuer Eigenschaften führen können. Grundsätzlich sind Verfahren der Genomeditierung bei allen Organismen anwendbar.

Insbesondere in der Tier- und Nutzpflanzenzucht sowie der Humanmedizin ist die Genomeditierung von zentraler Bedeutung. Sowohl in der Grundlagenforschung als auch für potenzielle Anwendungen sind folgende drei Verfahren am weitesten verbreitet:

  • CRISPR/Cas (Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats):
    Bei dem CRISPR/Cas-System dient die integrierte RNA (sog. „Guide-RNA“) zur Erkennung der spezifischen DNA-Sequenz und das daran gekoppelte Cas-Protein (häufig Cas9) zum Schneiden des Erbguts. Der dadurch entstehende Doppelstrangbruch wird entweder gezielt (homolog) oder zufällig (nicht homolog) repariert. Mitunter werden neue Abschnitte eingefügt oder entfernt. Die schnelle, einfache und kostengünstige Herstellung dieser präzisen „Gen-Schere“ sorgte für Durchbrüche innerhalb der Forschung und weckt seitdem auch das Interesse außerhalb der Grundlagenforschung, insbesondere in den oben genannten Anwendungsbereichen.
  • ZFN (Zinc-Finger Nuclease):
    Bei den Zinkfinger-Nukleasen wird anstelle der RNA eine schleifenförmige Proteinstruktur (die Zinkfingerdomäne) verwendet, die durch ein Zink-Ion zusammengehalten wird. Die Zinkfingerdomäne erkennt die spezifische DNA-Sequenz, die daraufhin von einem Enzym (einer Endonuklease) geschnitten wird. Relativ zum CRISPR/Cas-Verfahren ist diese Methode jedoch zeitaufwendig und kostenintensiv.
  • TALEN (Transcription Activator-Like Effector Nuclease):
    Wie die Zinkfinger-Nukleasen bestehen TALENs ebenfalls aus zwei Teilen: einem DNA-bindenden Teil und einer Endonuklease, die die DNA an einer spezifischen Stelle schneidet. Auch diese Methode ist verhältnismäßig teuer und zeitaufwendig.

Weiterführende Informationen zu genomeditierenden Verfahren:

Gaj, T. / Gersbach, C. A. / Barbas, C. F. (2013): ZFN, TALEN and CRISPR/Cas-Based Methods for Genome Engineering. In: Trends in Biotechnology 31 (7), 397–405. doi: 10.1016/j.tibtech.2013.04.004 Online Version (Englisch)

Faltus, T. (Hg.) (2019): Ethik, Recht und Kommunikation des Genome Editings. Online Version

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