Kontroverse um den Personbegriff

Der Begriff der Person erfüllt in verschiedenen Bereichen der theoretischen und praktischen Philosophie höchst unterschiedliche Rollen. Daraus ergibt sich eine Vielzahl konkurrierender Bestimmungen dazu, was eine Person zu sein im Kern bedeutet. Mit Bezug auf die Folgefrage, welche Eigenschaften einer Person maßgeblich dafür sind, dass sie über die Zeit und verschiedenste Veränderungen hinweg als ein und dieselbe (re-)identifiziert werden kann, lassen sich vor allem biologische und psychologische Verständnisse personaler Identität unterscheiden: Biologische Theorien der Person beantworten die Frage nach den Bedingungen der Fortdauer („Persistenz“) einer Person unter Rückgriff auf das menschliche Lebewesen, als das diese Person in Erscheinung tritt. Daraus folgt, dass eine Person nicht im numerischen Sinn (vgl. Modul Numerische Identität) zu einer anderen werden kann, ganz gleich, wie tiefgreifend sie sich in ihren psychischen Eigenschaften verändern mag, weil solche Veränderungen die Identität des biologischen Organismus unberührt lassen. Psychologische Theorien der Person postulieren demgegenüber, dass eine bestimmte Form der psychischen Kontinuität zwischen den Zuständen von Personen zu verschiedenen Zeitpunkten gegeben sein muss, damit diese als Zustände ein und derselben numerischen Person gelten können. Je nach Theorie wird die identitätserhaltende Kontinuität etwa durch ein bestimmtes Mindestmaß an Erinnerungsvermögen oder Charakterstabilität näher bestimmt. Anders als biologische lassen psychologische Theorien des Personenbegriffs Raum für die Möglichkeit eines Wechsels personaler Identität. Diese Möglichkeit ist dann gegeben, wenn die psychischen Zustände eines Menschen zu verschiedenen Zeitpunkten so radikal verschieden sind, dass es nicht plausibel scheint, diese Zustände derselben Person zuzuschreiben. Im Falle des Gedächtnisses könnte sich ein Wechsel personaler Identität im numerischen Sinn beispielsweise in Form einer vollständigen retrograden Amnesie manifestieren, also in Situationen, in denen eine Person jede Erinnerung an Erlebnisse vor einem traumatischen Ereignis eingebüßt hat.

Für eine allgemeine historische und systematische Einordnung des Personenbegriffs siehe:        

Sturma, D. (1997): Philosophie der Person. Die Selbstverhältnisse von Subjektivität und Moralität. Paderborn: Schöningh.

Michael Quante entwickelt im Rahmen einer allgemeinen Einführung in philosophische Fragen zur Person ein biologisches Verständnis personaler Persistenz:        

Quante, M. (2007): Person. Berlin: de Gruyter.

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