Schwangerschaftsabbruch nach PND

Wenn nach Durchführung einer Pränataldiagnostik das Vorliegen einer Chromosomenanomalie oder einer Fehlbildung des ungeborenen Kindes diagnostiziert wurde, dann gilt dies in Deutschland als medizinische Indikation für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch nach § 218a des Strafgesetzbuches (StGB). Der Gesetzgeber regelt, dass ein Schwangerschaftsabbruch dann als nicht rechtswidrig anzuerkennen ist, wenn „der Abbruch der Schwangerschaft unter der Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt ist, um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden” – wobei die Formulierung „schwerwiegende Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes” nicht weiter ausgeführt wird.

Neben dieser medizinischen Indikation nennt das Gesetz als zwei weitere Voraussetzungen für Straffreiheit den Schwangerschaftsabbruch nach kriminologischer Indikation, das heißt dann, wenn die Schwangerschaft auf einem Sexualdelikt beruht, und den Schwangerschaftsabbruch nach der Beratungsregel. Bisher bestand eine Beratungspflicht nur für den zuletzt genannten Fall der Beratungsregel. Diese muss von einer unabhängigen, hierzu autorisierten Organisation durchgeführt werden, und die Straffreiheit ist in diesem Fall verbunden mit einer daran anschließenden Bedenkzeit von mindestens drei Tagen bis zur Durchführung des Schwangerschaftsabbruchs.

Durch die Änderungen des Schwangerschaftskonfliktgesetzes (SchKG) vom 13. Mai 2009 ist auch nach medizinischer Indikation eine Beratung der schwangeren Person seit dem 1. Januar 2010 verpflichtend, es sei denn, die Schwangerschaft muss abgebrochen werden, um eine akute erhebliche Gefahr für Leib und Leben des austragenden Elternteils abzuwenden.

Die rechtlichen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch im StGB geben die Paragraphen 218–219b wieder:

Strafgesetzbuch (StGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (Bundesgesetzblatt 1998 I, 3322), zuletzt geändert durch Art. 62 des Gesetzes vom 20. November 2019 (Bundesgesetzblatt 2019 I, 1626). Online Version

Bundesrat (2009): Gesetz zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes vom 22. Mai 2009 (Drucksache 447/09). Online Version

Schwangerschaftskonfliktgesetz: Gesetz zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten (SchKG) vom 27. Juli 1992 (Bundesgesetzblatt 1992 I, 1398), zuletzt geändert durch Art. 13a des Gesetzes vom 14. Dezember 2019 (Bundesgesetzblatt 2019 I, 2789). Online Version

Die Entscheidung für eine Abtreibung aufgrund von Daten, die eine PND geliefert hat, muss strikt mit medizinischen Indikationen begründet werden. Nicht erlaubt ist deshalb eine Abtreibung aufgrund des Geschlechts des Kindes – anders als in einem Fall, über den 2009 schwedische Medien berichteten.

Dort wurde eine Mutter von zwei Töchtern schwanger und ließ zur Abklärung von Erbkrankheiten eine Fruchtwasseruntersuchung durchführen. Erbkrankheiten konnten ausgeschlossen werden, und zudem wurde das weibliche biologische Geschlecht des Embryos festgestellt. Da in Schweden Abtreibungen bis zur 18. Schwangerschaftswoche straffrei sind, ließ die Mutter trotz gesundem Embryo eine solche vornehmen, da sie mit dem Geschlecht nicht einverstanden war und wiederholte dieses Vorgehen noch ein weiteres Mal. Die Ärzte erkannten beim zweiten Mal die Problematik einer Selektion nach biologischen Geschlecht anstatt aufgrund von Krankheitsbefunden, rechtlich jedoch gibt es in Schweden laut der Nationalen Sozial- und Gesundheitsbehörde in Stockholm gegen eine solche Praxis keine Handhabe.

Vgl. dazu den Artikel in The Local: „Sweden rules 'gender-based' abortion legal” vom 12. Mai 2009. Online Version (Englisch)

Im Gegensatz zu Schweden ist mit einem solchen Fall in Deutschland auch praktisch nicht zu rechnen, da hier ein Schwangerschaftsabbruch ohne medizinische oder kriminologische Indikation nur bis zur 12. Schwangerschaftswoche straffrei ist und eine PND, mit der eine eindeutige Feststellung des biologischen Geschlechts verbunden ist, meist erst später erfolgt.

Eine ausführliche Darstellung ethischer und rechtlicher Aspekte zum Thema Spätabbrüche und PND liefert:

Wewetzer, Christa; Wernstedt, Thela (Hrsg.) (2008): Spätabbruch der Schwangerschaft. Praktische, ethische und rechtliche Aspekte eines moralischen Konflikts. Frankfurt: Campus Verlag.

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