Zulässigkeit einer PID: Schweregrad und Risiko einer Erbkrankheit

Im November 2020 hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) im Rahmen eines Urteils die Bedingungen für die PID in Deutschland konkretisiert. Nachdem eine Frau aus Bayern auf Basis eines im Jahr 2016 erhaltenen Ablehnungsbescheides der zuständigen Ethikkommission eine Revisionsklage eingereicht hat, bekam sie nach gerichtlicher Überprüfung Recht. Obwohl im Embryonenschutzgesetz (ESchG) nicht dezidiert ausgeführt wird, was unter einer „schwerwiegenden“ Erberkrankung zu verstehen ist, wird in §3 ESchG eine Muskeldystrophie vom Typ Duchenne als Beispiel für einen zulässigen Fall herangezogen. Nach der Einschätzung der bayrischen Ethikkommission hatte das betreffende Paar keinen Anspruch auf eine Untersuchung, weil die Muskelerkrankung des Partners, eine schwächere Form der Myotonen Dystrophie vom Typ eins, im Vergleich nicht als ebenso „schwerwiegend“ einzustufen sei. Das BVerwG hat geurteilt, dass das im ESchG genannte Beispiel nicht als zulässiger Maßstab herangezogen werden kann und hat das bayrische Urteil mit der Begründung, dass für die Nachkommen das „hohe“ Risiko einer „schwerwiegenden“ Erbkrankheit besteht, aufgehoben.

Seit dem Urteil des BVerwG im November 2020 ist der Vergleich mit einer Muskeldystrophie vom Typ Duchenne für die Frage, ob die medizinischen Voraussetzungen für eine PID erfüllt sind, eindeutig unzulässig. Neben der Klarstellung, dass Ethikkommissionen keinen Bewertungsspielraum besitzen und ihre Entscheidungen in vollem Umfang von Gerichten überprüft werden können, ergeben sich weitere Konkretisierungen. So unterliegt die Zulässigkeit der PID nach dem Urteil des BVerwG nunmehr Einzelfallentscheidungen. Außerdem wurde festgelegt, dass es weitere Gesichtspunkte zu berücksichtigen gilt: Es soll u. a. miteinbezogen werden, ob die austragende Person nach einer PID schon einmal eine Schwangerschaft abgebrochen oder ob das Paar bereits ein Kind mit einer „schwerwiegenden“ Erbkrankheit hat. Dass der Partner im aktuellen Fall aufgrund seiner genetischen Disposition bereits selbst erkrankt ist, wurde beispielsweise vom BVerwG berücksichtigt.

Für weitere Informationen zu dem Urteil des BVerwG im November 2020 vgl. u. a.:

Bundesverwaltungsgericht (2020): Präimplantationsdiagnostik bei Muskelkrankheit Myotone Dystrophie Typ 1 im Einzelfall zulässig. Pressemitteilung Nr. 63/2020 vom 5. November 2020, Leipzig. Online Version [26. November 2020]

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