Ethische Aspekte des Precision Farmings

Beim Precision Farming werden, unter Einsatz verschiedener Technologien, einzelne Pflanzen oder Pflanzenverbände innerhalb größerer agrarischer Nutzflächen standortspezifisch bewirtschaftet, mit dem Ziel durch Berücksichtigung von Faktoren wie Bodenbeschaffenheit, Nährstoffzusammensetzung oder lokal auftretendem Schädlingsbefall die Effizienz bei der Nahrungsmittelproduktion zu erhöhen. Um dies sicherzustellen, wird sich diagnostischer sowie anpassender Techniken bedient, die einerseits dazu dienen, präzise Daten zu einzelnen Bereichen auf dem Feld zu sammeln und andererseits die Möglichkeit schaffen, auf bestimmte Erfordernisse minutiös und individuell zu reagieren. Durch eine ausdifferenziertere Wirtschaftsweise wird sich nicht nur versprochen höhere Erträge zu erzielen, sondern auch den Verbrauch von Wasser, Dünger und Pestiziden durch gezielteren Einsatz zu reduzieren. Durch die Automatisierung in allen Schritten des Produktionsablaufs können außerdem Personalkosten eingespart werden, was dazu führen könnte, dass die biologische Landwirtschaft langfristig rentabler wird.

Während sich vom Precision Farming einerseits versprochen wird, einen positiven Beitrag zur Lebensmittelversorgung zu leisten und dabei gleichzeitig die Ökobilanz der Landwirtschaft zu verbessern, ergeben sich in der Praxis verschiedene ethische Problemfelder, ökologischer und sozialer Natur. Es ist zunächst umstritten, ob die Ökobilanz des Precision Farmings tatsächlich eine positive ist, da die Anwendungen in vielen Fällen auf Künstlicher Intelligenz basieren, deren Training sowie der Zusammenbau der Maschinen ebenfalls mit erheblichen Umweltproblematiken einhergeht, die ggf. nicht durch verbesserte Produktionsbedingungen im Anwendungsfeld ausgeglichen werden können. Die Systeme sind zudem sehr teuer und damit vor allem für große Agrarunternehmen rentabel, wodurch, verbunden mit den Kostenersparnissen durch den Einsatz der Technologien, das ohnehin schon problematische Absterben landwirtschaftlicher Kleinbetriebe zusätzlich befördert wird. Dabei sind es vor allem letztere die global und langfristig den größeren Beitrag zur Nahrungsmittelversorgung und zur Biodiversität leisten können. Entsprechend ist auch mit einem Rückgang der landwirtschaftlich tätigen Bevölkerung auf der einen Seite zu rechnen, während die landwirtschaftliche Arbeit andererseits einen anderen Charakter gewinnt, der überwiegend auf dem Verwalten verschiedener automatisierter Prozesse beruht. Von beiden Aspekten ist zu erwarten, dass sie zu einer Entfremdung von Menschen zur Natur beitragen kann, da die alltägliche Beobachtung natürlicher Prozesse in der Landwirtschaft wegfällt. Da die Profitmaximierung zugleich mit einem Verlust an Arbeitsplätzen und auch menschlich ausgeübter Arbeit einhergeht, ist zudem zu befürchten, dass entscheidende agrarische Fähigkeiten verlernt werden, da sie zukünftig von Robotern übernommen werden, wodurch zu diesen in eine Abhängigkeit geraten wird, ohne zu wissen, wie zuverlässig sie langfristig sein werden.

Precision Farming in der industriellen Tierhaltung geht mit der Befürchtung einher, dass diese noch mehr als ohnehin schon objektifiziert werden und eventuelle Missbrauchsfälle ohne menschliche Zeugen undokumentiert bleiben.

Für einen umfassenden Überblick über die ökologischen und ökonomischen Vorteile des precision farmings siehe etwa:

Finger, R. / Swinton, S. M. / El Benni, N. / Walter, A. (2019): Precision farming at the nexus of agricultural production and the environment. In: Annu. Rev. Resour. Econ. 11, 313–335. Online Version (Englisch)

Eine umfassende Folgenabschätzung automatisierter Systeme in der Landwirtschaft findet sich etwa bei:

Sparrow, R. / Howard, M. (2021): Robots in agriculture: prospects, impacts, ethics, and polics. In: Precision Agriculture 22, 818–833. Online Version (Englisch)

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