Patente auf genetisch veränderte Lebensmittel

Durch ein Patent kann das Ergebnis eines geistigen Schaffensprozesses (Immaterialgut), in erster Linie technische Erfindungen, rechtlich auf mittelbare oder unmittelbare Weise geschützt werden. Die unmittelbaren Wirkungen des Patentes umfassen dabei unterschiedliche Handlungen, die der patentinnehabenden Person vorbehalten sind. Werden diese Handlungen durch Dritte vorgenommen, stellen sie (soweit sie nicht gerechtfertigt sind) eine Patentverletzung dar. Damit ein Patent in Kraft tritt, muss es beim zuständigen Patentamt angemeldet werden.

 Es wird zwischen Erzeugnispatenten und Verfahrenspatenten unterschieden:

  • Erzeugnispatente schützen die Herstellung, das Anbieten, das Inverkehrbringen, den Gebrauch, den Besitz sowie das Einführen des Patentgegenstandes.
  • Verfahrenspatente schützen die Anwendung des Verfahrens sowie das Anbieten des Verfahrens.

Gegen eine Verletzung des Patentrechtes kann die patentinnehabende Person gerichtlich vorgehen.

Patentgesetz (PatG) Online Version

Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums (2008) Online Version

Seit 1998 ist es auf europäischer Ebene grundsätzlich möglich, biotechnologische Anwendungen patentieren zu lassen. Demnach sind sowohl biologisches Material (Produktpatent) als auch Verfahren, welche sich auf Herstellung, Verarbeitung oder Verwendung biologischen Materials beziehen, grundsätzlich patentfähig. Ausgeschlossen werden allerdings Erfindungen, deren Ausführung sich ausschließlich auf bestimmte Pflanzensorten oder Tierrassen beziehen. Auch wenn die diesbezügliche Richtlinie keine rechtlichen Neuerungen beinhaltet, sondern stattdessen bestehendes Recht auf diesen Bereich anwendet, ist damit auch der Grundstein zur Patentierung von genetisch veränderten Lebensmitteln gelegt.

Zu weiteren Informationen allgemeiner zur Thematik von Patenten im Bereich der Biotechnologie siehe etwa:

Biopatentrichtlinie 1998 Online Version

Wissenschaftlicher Beirat für Biodiversität und Genetische Ressourcen beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) (2010): Biopatente – eine Gefährdung für Nutzung und Erhaltung der Agrobiodiversität? Stellungnahme. Online Version

Wissenschaftlicher Beirat für Biodiversität und Genetische Ressourcen beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) (2011): Product-by-Process-Ansprüche auf Biopatente in der Tier- und Pflanzenzucht – Voraussetzungen, Problemlagen und Handlungsempfehlungen. Stellungnahme. Online Version

Bundesregierung (2018): Vierter Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Patentrechts im Bereich der Biotechnologie unter anderem hinsichtlich ausreichender Technizität sowie Auswirkungen im Bereich der Pflanzen- und Tierzüchtung. Berichtszeitraum 2018/2019. Online Version

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) (2021): Biopatente: Keine Patentierung von Tierrassen und Pflanzensorten. Online Version

Deutsches Patent- und Markenamt (2021): Biotechnologie und Patente. Online Version

Im Kontext der genetisch veränderten Lebensmittel ergeben sich in Verbindung mit der Patentierung biologischer Materialien und Verfahren eine Reihe von ethischen Problemstellungen. Da es neben ganzen Sorten auch möglich ist, sich bestimmte Charakteristika oder Gensequenzen patentieren zu lassen, besteht die Möglichkeit, sich unter Rückgriff auf niedrigschwellige gentechnische Verfahren (wie zum Beispiel dem Einsatz von Genmarkern) bereits vorhandene Sorten anzueignen, ohne dass es sich dabei tatsächlich um eigene Erfindungen handeln würde. Dies betrifft zum Beispiel bestimmte Vorteile, wie Resistenzen gegen Pilzbefall, die an einer wenig bekannten Pflanzensorte entdeckt und mit gentechnischen Verfahren auf kommerziell viel genutzte andere Sorten übertragen werden. Durch die Vergabe des Patents auf diese Eigenschaft erhalten die Patenthaltenden sowohl die Rechte an ihrer neuen Züchtung als auch an der Art, an der sie diese Eigenschaft zuerst entdeckt haben, obwohl letztere in keinem Zusammenhang mit den Patenthaltenden steht und unabhängig von diesen, evolutionär, entstanden ist. Besonders problematisch ist das im Kontext sogenannter „Biopiraterie“, bei der die vorangegangenen Entdeckungen auf traditionellem indigenen Wissen oder der großen Biodiversität in Ländern des Globalen Südens beruhen und durch Großkonzerne angeeignet werden, ohne dass hierfür eine angemessene Entschädigung für die Weitergabe des Wissens oder die Nutzung der Biodiversität erfolgt. Ein solches Vorgehen erinnert stark an koloniale Ausbeutungsmechanismen, insofern Betroffene aus ökonomischen Gründen instrumentalisiert und deren Interessen missachtet werden. Die Patentierbarkeit genetisch veränderter Lebensmittel führt außerdem in einigen Fällen zu kritisch zu bewertenden Formen der Abhängigkeit, häufig ebenfalls zwischen agrarischen Kleinunternehmenden des Globalen Südens und Großkonzernen aus dem Globalen Norden. Durch die Einführung von Patenten auf bestimmte genetisch veränderte Sorten wird das traditionelle Züchten neuer Pflanzen aus dem Saatgut vorheriger Ernten teilweise illegal, indem es erforderlich wird, die Nutzungsrechte für jede Aussaat aufs Neue zu erstehen. Soziale Ungleichheiten werden hierdurch verschärft.

Befürwortende rechtfertigen die Praxis des Patentierens von genetisch veränderten Lebensmitteln mit den hohen Kosten und dem Zeitaufwand im Forschungsprozess. Zudem tragen Patentierungen im Allgemeinen dazu bei, die Wissenschaft transparenter zu gestalten und das Wissen hinter Innovation zu teilen. Es wird argumentiert, dass die negativen Effekte nicht in der Patentierung an sich liegen, sondern an einem Missbrauch der hiermit verbundenen Form der Nutzungsexklusivität. Dabei führt jedoch nicht jede Form der Patentierung zu unvertretbaren Abhängigkeiten, sondern diese werden erst dann moralisch problematisch, wenn die Patenthaltenden ihrer mit dem Patent verbundenen Verantwortung nicht nachkommen.

Tippe, R. / Dolan, K. / Moy, A.-C. / Eckhardt, J. / Then, C. (2020): Eleven reasons why Europe needs to ban patents on food plants and farm animals. München: No patents on seeds!. Online Version

Kock, M. (2019): Patents for life: Toward an ethical use of patents on plant innovations. In: Berg, T. / Cholij, R. / Ravenscroft, S. (eds.): Patents on life: religious, moral, and social justice aspects of biotechnology and intellectual property. Cambridge: Cambridge University Press, 227-239. Online Version

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