„Therapeutic orphans”

Im Anschluss an die Contergan-Katastrophe in den 1960er Jahren sind in vielen Ländern die rechtlichen Bestimmungen zur Sicherheitsprüfung bei Arzneimitteln bedeutend verschärft worden. Bei Kindern, deren Mütter während der Schwangerschaft das von der Firma Grünenthal entwickelte und vermarktete Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan (Wirkstoff: Thalidomid) eingenommen hatten, kam es vermehrt zu schweren Missbildungen der Gliedmaßen. In seinem Beitrag weist Shirkey auf die „unglückselige Wendung des Schicksals” („unfortunate twist of fate”) hin, dass die Forderung nach ausführlicher Prüfung neuer Wirkstoffe dazu geführt hat, dass viele Medikamente mit einer Ausschlussklausel versehen auf den Markt kommen, die ihren Einsatz bei Kindern untersagt, weil kinderspezifische Prüfungen nicht durchgeführt worden sind.

Für fehlende klinische Studien sind jedoch nach verbreiteter Meinung nicht nur regulatorische Schwierigkeiten verantwortlich. Mit Medikamenten für Minderjährige lassen sich im Vergleich mit solchen für Erwachsene wesentlich geringere finanzielle Gewinne realisieren. Dies führt dazu, dass nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen agierende Pharmakonzerne der Forschung an Kindern weniger Aufmerksamkeit widmen (vgl. Boos 2005: 56).

Shirkey, H. (1968): Therapeutic Orphans. In: The Journal of Pediatrics 72(1), 119–120. Wieder abgedruckt in Pediatrics 104(3) (Supplement), 583–584. Online-Version

Boos, J. (2005): Problem und Chancen klinischer Studien in der Pädiatrie. In: Brochhausen, C. / Seyberth, H. W. (Hrsg.): Kinder in klinischen Studien - Grenzen medizinischer Machbarkeit? Münster: Lit (Ethik in der Praxis - Kontroversen 14), 55–64.

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