Direct-to-consumer-Gentests
Bei sogenannten Direct-to-cosumer-Gentests (DTC-Gentests) handelt es sich meist um kommerzielle Angebote privater Unternehmen, die umfassende Screenings an Einzelpersonen durchführen. Diese Dienstleistung wird sowohl in Kooperation etwa mit Fitnessstudios und Apotheken als auch direkt über das Internet angeboten. Zu den häufigsten Anwendungsbereichen zählen Sport und Ernährung, aber auch Lebenserwartungs- und Abstammungsanalysen bis hin zu genetischen Auswertungen hinsichtlich der Wahl passender Partner*innen.
Zudem bieten Unternehmen Screenings zu medizinischen Risiken an. Kritisierende bezweifeln jedoch den prädiktiven Nutzen der DTC-Tests: Die Datenlage sei zu komplex, um auf der Grundlage einzelner Tests einfacher Interpretationen vornehmen zu können. Für eine angemessene Aufklärung vor einer prädiktiven genetischen Untersuchung sowie die adäquate Interpretation der dadurch gewonnenen Untersuchungsergebnisse sei die Beratung durch eine ärztliche Fachperson der Humangenetik erforderlich. Insbesondere bei der Ableitung medizinischer Zusatzbefunde und/oder psychisch belastender Befunde sei eine ärztliche Begleitung notwendig. Weiterhin sei es bei DTC-Angeboten nicht möglich, die informierte Einwilligung sowie die Identität der Testpersonen zweifelsfrei zu prüfen. Dies sei für die Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Testpersonen erforderlich. Hinzu käme ein allgemeines Datenschutzproblem bei der Übermittlung und Sicherung von genetischen Daten, zumal Anbietende aus dem Ausland die innerstaatliche Gesetzeslage nicht einhalten müssen.
In Deutschland soll die Anwendung dieser Testverfahren daher unter anderem an den Qualitätsstandards aus den Richtlinien der Bundesärztekammer und an den Vorgaben im Gendiagnostikgesetz (GenDG) ausgerichtet werden. Weitere Regulierungen in Deutschland, aber auch übergreifende Regulierungen der DTC-Tests auf der europäischen und internationalen Ebene werden ergänzend debattiert.
Vergleiche für weiterführende Hintergrundinformationen:
Gendiagnostik-Kommission (GEKO) beim Robert Koch-Institut. (2019, April). Dritter Tätigkeitsbericht der Gendiagnostik-Kommission. https://edoc.rki.de/bitstream/handle/176904/10161/Taetigkeitsbericht_03.pdf?sequence=1&isAllowed=y
Deutscher Ethikrat. (2013, 30. April). Die Zukunft der genetischen Diagnostik – von der Forschung in die klinische Anwendung [Stellungnahme]. https://www.ethikrat.org/fileadmin/Publikationen/Stellungnahmen/deutsch/stellungnahme-zukunft-der-genetischen-diagnostik.pdf
Nationalen Akademie der Wissenschaften (Leopoldina). (2010, November). Prädiktive genetische Diagnostik als Instrument der Krankheitsprävention [Stellungnahme]. https://www.leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/201011_natEmpf_praedikative-DE.pdf
European Academies Science Advisory Council (EASAC), & Federation of European Academies of Medicine (FEAM). (2012). Direct-to-consumer genetic testing for health-related purposes in the European Union: the view from EASAC and FEAM [Stellungnahme]. https://easac.eu/fileadmin/PDF_s/reports_statements/EASAC_Genetic_Testing_Web_Summary_10_August.pdf
Rafiq, M., Ianuale, C., Ricciardi, W., & Boccia, S. (2015). Direct-to-consumer genetic testing: a systematic review of european guidelines, recommendations, and position statements. Genetic Testing and Molecular Biomarkers, 19 (10), 535–547. https://doi.org/10.1089/gtmb.2015.0051
Hoxhaj, I., Stojanovic, J., Sassano, M., Acampora, A., & Boccia, S. (2020). A review of the legislation of direct-to-consumer genetic testing in EU member states. European Journal of Medical Genetics, 63 (4), 103841. https://doi.org/10.1016/j.ejmg.2020.103841