Genetische Daten

Die United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO) definiert genetische Daten als Informationen über erbliche Merkmale von Individuen, die durch Nukleinsäureanalyse oder durch andere wissenschaftliche Analysen gewonnen werden. Der Europarat versteht darunter alle Daten, gleich welchen Typs, über die Erbmerkmale einer Person oder über das für diese Merkmale typische Vererbungsmuster innerhalb einer miteinander verwandten Gruppe von Personen. Im Einzelnen könnten dies die biologische Abstammung, Krankheitsdispositionen, aber auch Informationen über gewisse Fähigkeiten oder Lebensumstände sein. Auch das Europäische Parlament und der Rat greifen die Besonderheit von genetischen Daten auf und die in ihnen enthaltenen Informationen über Physiologie oder Gesundheit derjenigen natürlichen Person, von der im Rahmen einer Analyse eine biologische Probe entnommen wurde.

Die besondere Sensibilität genetischer Daten ergebe sich somit unter anderem aus der Tatsache, dass diese Art von Informationen über lange Zeiträume Gültigkeit behielten, Aussagen über zukünftige Entwicklungen getroffen werden könnten (prädikatives Potenzial) und ihre Bedeutung oft von erheblicher Tragweite für das Leben des Betroffenen sein könne. Aus diesem Grund ist die deutsche Gesetzgebung bei der Schaffung des Gendiagnostikgesetzes von der Besonderheit genetischer Daten ausgegangen. Danach sollen genetische Daten an sich sensibler und schutzbedürftiger sein als andere persönliche medizinische Informationen.

Diese Position, die als „genetischer Exzeptionalismus” bezeichnet wird, ist umstritten. Kritische Stimmen führen an, dass prädikative Gesundheitsinformationen generell ethische, rechtliche und medizinische Probleme aufwerfen und sich die durch eine Genanalyse erlangten Daten nicht von solchen unterscheiden, die andere Persönlichkeitskernbereiche betreffen. Für die Besonderheit genetischer Daten spricht die Reidentifizierbarkeit durch den genetischen Fingerabdruck: Im Unterschied zur relativen Anonymität bei allen anderen personenbezogenen Daten ist der genetische Fingerabdruck ein einzigartiges Merkmal jedes Individuums, das es eindeutig identifiziert.

Arbeitsgruppe zum Datenschutz (2004) (Beratungsgremium der Europäischen Kommission): Arbeitspapier über genetische Daten. 12178/03/EN WP 91. Verabschiedet am 17. März 2004. Online Version (Englisch) 

UNESCO (2003): Internationale Erklärung zu menschlichen genetischen Daten. 32 C/Resolutions. Verabschiedet am 16. Oktober 2003. Online Version (Englisch)

Vossenkuhl, C. (2013): Der Schutz genetischer Daten. Unter besonderer Berücksichtigung des Gendiagnostikgesetzes. Berlin/ Heidelberg: Springer (MedR: Schriftenreihe Medizinrecht).

Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) – Verordnung EU 2016/679 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG. In: Amtsblatt der Europäischen Union, Nr. L 119/1 vom 4. Mai 2016. Online Version

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