Zusatzbefunde

Zusatzbefunde bezeichnen Befunde, die im Rahmen einer medizinischen Diagnose oder im Kontext eines Forschungsprojektes ermittelt wurden, die aber nicht mit der ursprünglichen Fragestellung in Verbindung stehen und dennoch Bedeutung für die Gesundheit der untersuchten Person und/oder ihrer Verwandten haben. Diese werden in der allgemeinen Diskussion auch Überschuss-, Zufalls- oder Nebenbefunde (engl. incidental findings oder unsolicited findings) genannt. Solche gesundheitsrelevanten Zusatzbefunde sind bei einer Gesamtgenomanalyse wahrscheinlich, weil dabei alle codierenden Abschnitte der DNA auf Abweichungen hin untersucht werden. Können aufgrund der eingesetzten Untersuchungsmittel solche Ergebnisse anfallen, ist die betroffene Person darüber nach § 9 Abs. 1 GenDG in allgemeiner Form aufzuklären und kann selbst entscheiden, ob ihr diese Ergebnisse bekanntgemacht werden sollen. Da das Gendiagnostikgesetz ausschließlich bei Untersuchungen im Behandlungskontext Anwendung findet, ergeben sich im Forschungskontext keine Befunderhebungs- oder Mitteilungspflichten. 

Welche Zusatzbefunde im Sinne unerwarteter genetischer Eigenschaften mitgeteilt werden sollten und welche nicht, wird international diskutiert. Die Deutsche Gesellschaft für Humangenetik (GfH) empfiehlt, nur solche Ergebnisse mitzuteilen, die analytisch gesichert, wissenschaftlich validiert und gesundheitsrelevant sind. Ärztlich geboten sei die Mitteilung von Zusatzbefunden, aus denen sich für die untersuchte Person ein relevantes Risiko für eine behandelbare Krankheit ergibt. Die European Society of Human Genetics (ESHG) sieht eine Pflicht zur Mitteilung von Zusatzbefunden, wenn diese entweder bei der getesteten Person oder ihren nahen Verwandten auf ernste Gesundheitsprobleme hinweisen. Das American College of Medical Genetics and Genomics (ACMG) hat darüber hinaus eine „Minimum”-Liste von 57 bekannten genetischen Varianten erstellt. Zusatzbefunde bei einer Gesamtgenomanalyse, die sich auf dieser Liste finden, sollen im Laborbericht auf jeden Fall erwähnt werden. Nach den durch ACMG und ESHG angestrebten Vorgaben sollen zu behandelnde Personen auch dann über gesundheitsrelevante Zusatzbefunde informiert werden, wenn diese sich vor der Untersuchung im Rahmen des Aufklärungsgespräches gegen die Mitteilung solcher Befunde entschieden haben.

Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik zu genetischen Zusatzbefunden in Diagnostik und ForschungOnline-Version

European Society of Human Genetics (2013): Whole-genome sequencing in health care. Recommendations. In: European Journal of Human Genetics 21 (6), 580–584. doi: 10.1038/ejhg.2013.46 Online Version (Englisch)

American College of Medical Genetics and Genomics (2013): Recommendations for reporting of incidental findings in clinical exome and genome sequencing. In: Genetics in Medicine 15 (7), 565–574. doi: 10.1038/gim.2013.73 Online Version (Englisch)

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