Mitleid

Grundlage der Mitleidsethik bildet das individuelle Empfinden von Mitleid gegenüber anderen Wesen. Schopenhauer umschreibt dies als Sorge um das „Wohl und Wehe“ anderer. Gemäß der von Max Scheler aufgewiesenen Differenzierung verschiedener Formen des Mitleids, ist innerhalb der Mitleidsethik nur dasjenige Mitleid moralisch relevant, welches folgende zwei Momente einschließt: die beobachtende Person fühlt sich zum einen in die Situation des leidenden Individuums ein, indem sie sich dessen Gefühle und Überlegungen vorstellt, wahrt dabei aber die Distanz des*der Beobachtenden und entscheidet klar zwischen sich und dem*der Betroffenen. Zum anderen ist dieser Prozess des Einfühlens meist mit einem eigenen Leidempfinden verbunden, das dadurch entsteht, dass die Situation auf sich selbst projiziert wird. Ausschlaggebend für das moralische Handeln gemäß der Mitleidsethik ist zunächst der erste Aspekt. Dieses Einfühlen in das Leid anderer und die darin implizierte Fähigkeit zu einem Perspektivenwechsel bildet nach Schopenhauer das „Fundament der Moral“, sie ist das grundlegende Moralbewusstsein auf dem die Mitleidsethik aufbaut.

Demmerling, Christoph (2007): Philosophie der Gefühle. Stuttgart: Metzler.

Schopenhauer, Arthur: Über die Freiheit des menschlichen Willens. Über die Grundlage der Moral. Kleinere Schriften II. Hg. von Arthur Hübscher. Zürich: Diogenes 1977 [Zürcher Ausgabe. Werke in zehn Bänden 6].

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