Empirische Begründungen

Empirische Unterschiede bezüglich der Dimension des Leids, welches durch das jeweilige Moralsubjekt erfahren werden kann, begründen für Ursula Wolf keine abgestufte moralische Berücksichtigung. Die Leidfähigkeit eines Moralsubjekts, sei es Tier oder Mensch, kann nur in wenigen Ausnahmen gegen ein höheres moralisches Gut abgewogen werden. So ist z.B. eine Abwägung von Freude am Verzehr von Schweinefleisch und dem Leid eines in Massentierhaltung aufgezogenen Schweins nicht zulässig. Des Weiteren begründe eine unterschiedliche Reflexionfähigkeit über das eigene Leiden keine moralische Abstufung, da einige Tierarten z.B. nicht von ihrem Schmerz abstrahieren können, während Menschen dies teilweise können. Für die moralische Beurteilung ist nach Wolf allein die Leidfähigkeit ausschlaggebend, diejenigen Wesen, die dazu noch über ein Bewusstsein ihres eigenen Schmerzes verfügen, sind auf einer höheren Stufe schutzwürdig.

Auch das Vorliegen besonderer Nähe rechtfertigt nicht notwendig mehr Rechte für Menschen. Wolf argumentiert, dass auch zwischen Mensch und Tier eine enge soziale Beziehung bestehen kann.

Weiterhin gäbe es innerhalb des Kreises der Menschen sehr unterschiedliche Beziehungsformen, die keine verminderte Schutzwürdigkeit begründen. Das ist insbesondere dort der Fall, wo einzelne im Gegensatz zu einem Großteil der Menschen nicht über volle rationale Fähigkeiten verfügen. Wolf unterstreicht damit, dass wir bezüglich Menschen mit unterschiedlichen rationalen Fähigkeiten (wie z.B. Komapatienten) keine Schutzabstufung auf der Grundlage unterschiedlicher sozialer Beziehungen vornehmen und dies analog bei Tieren auch nicht vornehmen sollten.

Wolf, Ursula (1990): Das Tier in der Moral. Frankfurt a.M.: Klostermann.

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