Definitionen von Enhancement

Eine allgemein akzeptierte Definition von Enhancement liegt nicht vor. In der Forschungsliteratur werden insbesondere drei Definitionen diskutiert, die im Folgenden kurz erläutert und erörtert werden:

  1. Enhancement in Abgrenzung zu Therapie.
  2. Enhancement in Abgrenzung zu biostatistisch ermittelten Normalzuständen.
  3. Enhancement als Beförderung des Wohlergehens.

Der erste, weit verbreitete Ansatz definiert Enhancement im Unterschied zu therapeutischen Eingriffen. Demzufolge fallen unter Enhancement alle biotechnologischen Eingriffe, die nicht aufgrund einer medizinischen Indikation erfolgen. Eine Schwierigkeit dieser Enhancement-Definition besteht darin, dass sie auf der Unterscheidung zwischen Gesundheit und Krankheit beruht, die jedoch selbst wiederum umstritten ist. Diese Unterscheidung unterliegt auch Werturteilen darüber, welche körperlichen und geistigen Zustände noch als „normal“ bzw. „gesund“ eingestuft werden und welcher Grad der Abweichung als „krankhaft“ verstanden wird. Zudem unterliegt das Verständnis von Gesundheit und Krankheit, und damit auch das Verständnis von Therapie, gesellschaftlichen Veränderungen. Die Genauigkeit dieses Definitionsansatzes hängt daher von der Genauigkeit des im Hintergrund stehenden Therapie-Begriffs ab.

Der zweite Ansatz basiert auf dem biostatistischen ermittelten Normalzustand bestimmter geistiger und körperlicher Fähigkeiten und Funktionen. Eine medizinische Maßnahme ist demnach als Therapie einzustufen, wenn sie bei einer Person den biostatistischen Mittelwert der beeinträchtigten Funktion wiederherstellt, z. B. die Wiederherstellung des durchschnittlichen Hörvermögens. Eingriffe, die bestimmte Funktionen über das biostatistische Normalmaß hinaus ermöglichen, stellen dementsprechend eine Form von Enhancement dar. So können therapeutische Maßnahmen einheitlich über das Ziel definiert werden, das Normalmaß wiederherzustellen. Als Vorteil des Ansatzes wird außerdem angeführt, dass anhand dieser messbaren Größe eine möglichst objektive Unterscheidung möglich ist. Auch bei diesem Definitionsansatz fließen jedoch Werturteile in die Festlegung dessen ein, was unter dem jeweiligen biostatistischen Normalmaß verstanden wird, insbesondere bei komplexeren geistigen Fähigkeiten und Funktionen.

Der dritte Ansatz basiert auf dem Begriff des Wohlergehens bzw. allgemein auf dem Begriff des guten Lebens. Demzufolge fallen unter Enhancement alle biotechnologischen Veränderungen, die das Wohlergehen befördern und damit die Wahrscheinlichkeit erhöhen, ein gutes Leben zu führen. Therapie und Enhancement werden danach nicht mehr voneinander abgegrenzt, da Therapie schlicht eine Form von Enhancement darstellt. Ein Kritikpunkt an diesem Ansatz besteht darin, dass sich die Frage der moralischen Zulässigkeit von Enhancement-Maßnahmen überhaupt nicht mehr stelle, weil Enhancement defininitionsgemäß als positiv gewertet würde. Darüber hinaus wird kritisiert, dass Wohlergehen und die Auffassung guten Lebens sehr vom subjektiven Empfinden einer Person abhängig seien und eine einheitliche Auffassung von Enhancement dergestalt kaum möglich sei.

Alle Ansätze unterscheiden sich in ihren grundlegenden Annahmen. Weitgehende Einigkeit besteht jedoch darin, dass biotechnologische Mittel für das Enhancement eingesetzt werden. Körperliche und geistige Bildung, Training, Meditationsübungen, Ernährung u. v. m. können auch zu überdurchschnittlichen körperlichen und geistigen Funktionen führen oder das Wohlergehen steigern; aufgrund des mangelnden Einsatzes biotechnologischer Mittel werden solche Maßnahmen jedoch zumeist nicht als Enhancement betrachtet.

Weiterführende Literatur:

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