Studien zum Doping bei deutschen Spitzensporttreibenden

Sportsoziolog*innen von der Universität Saarbrücken haben in mehreren Umfragen die Verbreitung des Dopings unter deutschen Spitzensporttreibenden untersucht. Sie nutzen dabei eine Weiterentwicklung der Randomized Response Technique (vgl. Modul Randomized Response Technique), die den Anteil derjenigen Studienteilnehmenden zu bestimmen gestattet, die sich nicht an die Instruktionen halten und daher bezüglich ihres Umfrageverhaltens als „cheater“ (Betrügende) zu klassifizieren sind. Auf diese Weise können die Forschenden ein Intervall angeben, dessen untere Grenze den Anteil derjenigen Sporttreibenden bestimmt, die als „ehrliche“ Dopende einzuschätzen sind, und dessen obere Grenze für den Anteil der ehrlichen Nicht-Dopende steht. Über alle Sportarten hinweg liegt der Anteil derjenigen deutschen Spitzensporttreibende, die tatsächlich Doping betreiben, demnach zwischen mindestens 10 % und höchstens 35 %.

Eine Übersicht zu den Ergebnissen der in mehreren Jahren von den Saarbrücker Sportsoziolog*innen durchgeführten Umfragen, die auch die Resultate anderer Studien zur Verbreitung des Dopings zusammenfasst, bietet:

Pitsch, W. / Emrich, E. (2011): The Frequency of Doping in Elite Sport: Results of a Replication Study. In: International Review for the Sociology of Sport 47 (5), 559–580. doi: 10.1177/1012690211413969.

Eine Umfrage unter 480 deutschen Spitzensporttreibenden im Nachwuchsbereich gelangte zu dem Ergebnis, dass 6,8 % bereits Dopingsubstanzen verwendet hatten. Die Studie belegt den Nutzen der Randomized Response Technique, insofern bei Verwendung eines Standard-Umfrageverfahrens nur 0,2 % die Nutzung von Dopingmitteln zugaben:

Striegel, H./ Ulrich, R. / Simon, P. (2010): Randomized Response Estimates for Doping and Illicit Drug Use in Elite Athletes. In: Drug and Alcohol Dependence 106 (2–3), 230–232. doi: 10.1016/j.drugalcdep.2009.07.026.

Eine weitere Studie, die sich zwar nicht ausschließlich auf deutsche Spitzensporttreibende bezieht, aber ebenso wie die zuvor genannte Umfrage den Wert der Randomized Response Technique gegenüber rein biologischen Testmethoden zur Ermittlung der Verbreitung von Doping im Sport unterstreicht, wurde von der World Anti-Doping Agengy (WADA) finanziert und untersucht auf zwei verschiedenen internationalen Sportveranstaltungen insgesamt 2167 Athlet*innen. Dabei kommt sie zu den Ergebnissen, dass zum einen Doping unter Spitzensporttreibenden sehr weit verbreitet ist und zum anderen, dass durch die Anwendung der Randomized Response Technique gezeigt werden kann, dass die Prävalenz des Dopings wesentlich höher zu sein scheint als es die rein biologischen Testverfahren zunächst vermuten lassen: 

Ulrich, R. / Pope, H. G. Jr. / Cléret, L. / Petróczi, A. / Nepusz, T. / Schaffer, J. / Kanayama, G. / Comstock, R. D. / Simon, P. (2018): Doping in Two Elite Athletics Competitions Assessed by Randomized-Response Surveys. In: Sports Medicine 48 (1), 211–219. doi: 10.1007/s40279-017-0765-4.

Einen sehr spezifischen Einblick in den Bereich der deutschen Leichtathletik in den 1960er, 70er und 80er Jahren und die dortige Anwendung anaboler Substanzen als Mittel des Dopings ermöglicht die Dissertation von Simon Krivec . Hier werden aus interdisziplinärer Perspektive zwölf Fallbeispiele einzelner bundesdeutscher Leichtathleten im Zeitraum von 1960 bis 1988 sowie der damalige Forschungsstand in Bezug auf anabol-androgene Steroide beleuchtet. Eine Auflistung der gegenwärtig verbotenen anabol-androgenen Steroiden findest sich in der aktuellen Verbotsliste der Welt-Anti-Doping-Agentur im Abschnitt S1 (vgl. Modul Welt-Anti-Doping-Agentur [WADA]).

Krivec, S. (2017): Die Anwendung von anabolen-androgenen Steroiden im Leistungssport der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1960 bis 1988 unter besonderer Berücksichtigung der Leichtathletik. Berlin: Logos Verlag.

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