Patient*innenautonomie

Die Patient*innenautonomie ist ein Schlüsselbegriff der Medizinethik. Dabei geht es weniger um die Charakterisierung eines generellen Vermögens als vielmehr um eine Garantie für situationsbezogene Handlungsautonomie (Beauchamp/Childress 2009): Zu behandelnde Personen haben ein Anrecht darauf, medizinischen Behandlungen zuzustimmen oder abzulehnen, nachdem sie fachgerecht aufgeklärt wurden. Dem Konzept der Patient*innenautonomie liegt somit als wesentliches Kriterium die informierte Einwilligung der zu behandelnden Personen (informend consent) zugrunde. Eine informierte Einwilligung ist dann gegeben, wenn die Entscheidung der zu behandelnden Person absichtlich, mit Verständnis und frei vom kontrollierenden Einfluss anderer erfolgt. 

Diese prozedurale Autonomiekonzeption, die sich inhaltsneutral über das Verfahren der Entscheidungsfindung definiert, gilt in der Medizinethik mittlerweile als Standardauffassung. Da der medizinethische Begriff stets in Wechselbeziehungen zu allgemeineren philosophischen Konzeptionen von Autonomie steht, werden immer wieder Vorschläge diskutiert, Patient*innenautonomie anders zu verstehen. So sehen Vertretende substanzieller Autonomiekonzeptionen das Erfordernis, selbstbestimmte Entscheidungen auch über inhaltliche und wertbezogene Kriterien zu definieren. Vertretende relationaler Autonomiekonzeptionen sehen wiederum Beziehungen wechselseitiger Anerkennungsverhältnisse als konstitutiv für autonome Entscheidungen an. Da den verschiedenen Autonomiekonzeptionen immer auch ein bestimmtes Ideal eines autonomen Subjektes zugrunde liegt, wird häufig der Einwand der Überforderung durch Autonomie angeführt. Argumentiert wird, dass die Anforderungen an Patient*innenautonomie für die klinische Praxis möglichst anspruchslos gehalten werden müssen, damit möglichst viele der zu behandelnden Personen in den Genuss des Respekts vor Autonomie kommen können.

Beauchamp, T. L. / Childress, J. F. (2009): Principles of Biomedical Ethics. New York: Oxford University Press. (Englisch)

Schöne-Seifert, B. (2007): Grundlagen der medizinischen Ethik. Stuttgart: Kröner.

Wiesemann, C. / Simon, A. (2013): Patientenautonomie. Theoretische Grundlagen – Praktische Anwendungen. Münster: mentis. 

Wird geladen