Therapie monogener Erkrankungen mithilfe von Genom-Editierung

Die deutlich verbesserten Verfahren zur Veränderung des Genoms bei Embryonen, aber auch von Keimzellen und weiteren Zellen mittels genchirurgischer Eingriffe, ist maßgeblich auf die Entwicklung der sogenannten Crispr/Cas9-Methode zurückzuführen. Bei dieser Methode wird ein Enzym in Zellen eingeschleust, das zielgenau einzelne Sequenzen aus einem Genom herausschneidet und/oder ergänzt.  

Darstellung des Crispr-Cas9-Verfahrens: Doudna, Jennifer A./ Charpentier, Emmanuelle (2014): The new frontier of genome engineering with CRISPR-Cas9. Science 346 (6213): 1258096. Online Version (Englisch)

Die Anwendung von Crispr/Cas9 zur Veränderung des menschlichen Genoms ist derzeit experimentell, eine mögliche Anwendung auf somatische, aber auch Keim- und embryonale Zellen ist jedoch möglich und wurde bereits durchgeführt. Ein Forscher*innenteam in China veränderte das Genom von menschlichen befruchteten Eizellen; für die Versuche wurden jedoch Eizellen mit drei Vorkernen (tripronukleäre Zygoten) verwendet, die sich nicht zu einem gesunden Embryo entwickeln können:

Liang, Puping, / Xu, Yanwen/ Zhang, Xiya et al. (2015): CRISPR/Cas9-mediated gene editing in human tripronuclear zygotes. In: Protein & Cell 6 (5), 363-372. Online Version (Englisch)

Ethische Bedenken bezüglich des Editierens des menschlichen Genoms werden gegenwärtig in der Forschungsgemeinschaft debattiert. Das Organisationskomitee des Internationalen Gipfeltreffens zur Genom-Editierung veröffentlichte im Dezember 2015 eine Stellungnahme, in der die Vertreter*innen auf die Notwendigkeit der ethischen und gesetzlichen Begleitung und Regulierung der Verfahren der Genom-Editierung verweisen; sowohl im Hinblick auf die Grundlagenforschung als auch auf die Möglichkeit der klinischen Anwendung der Verfahren. Sie beziehen sich darin auf Technologien, welche menschliche Keimzellen ebenso wie somatische Zellen menschlichen Ursprungs genetisch verändern. Anlass für die Notwendigkeit einer ethischen sowie gesetzlichen Regulierung bietet nach der Auffassung des Komitees u. a.: 

  • die Gefahr der fehlerhaften Anwendung der Verfahren einschließlich der damit verbundenen Risiken für die Träger*innen der veränderten Zellen;
  • die nur eingeschränkt mögliche Vorhersage von Langzeitrisiken genetischer Veränderungen angesichts der multifaktoriellen Abhängigkeiten der Expression von Genen von Umwelteinflüssen; 
  • die Gefahr der Zunahme sozialer Ungleichheit bei der (selektiven) Anwendung der Verfahren zur Optimierung des menschlichen Genoms und
  • die Irreversibilität einer vorgenommenen Veränderungen in Verbindung mit der nur begrenzt steuerbaren Weitergabe dieser Veränderung über die kommenden Generationen hinweg.

In Anbetracht dieser Bedenken verpflichten sich die Vertreter*innen des Organisationskomitees auf die Verwendung genetisch veränderter Embryonen zum Herbeiführen einer Schwangerschaft zu verzichten und appellieren an die internationale Forschungsgemeinschaft, sich dieser Maßgabe anzuschließen. Überdies fordern sie eine Angleichung bestehender nationaler Gesetzgebungen im Hinblick auf die Editierung des menschlichen Genoms, um eine ethisch annehmbare Grundlagenforschung und mögliche klinische Anwendung über Staatsgrenzen hinweg zu gewährleisten.

Stellungnahme des Organisationskomitees des Internationalen Gipfeltreffens zur Genom-Editierung: Online Version (Englisch)

Vgl. für eine Auswahl der ethischen Bedenken die Beiträge in:

American Journal of Bioethics Heft 12, Jahrgang 15 (2015): Online Version (Englisch)

Vgl. für einen Überblick zu der gesetzlichen Regulierung des Genom-Editierens in ausgewählten Ländern: 

Araki, Motoko/ Ishii, Tetsuya (2014): International regulatory landscape and integration of corrective genome editing into in vitro fertilization. In: Reproductive Biology and Endocrinology (12): 108. Online Version (Englisch)

Ein weiteres Verfahren, bei dem die Weitergabe genetisch bedingter Erbkrankheiten über die Veränderung der Keimbahnen verhindert werden soll, ist der sogenannten Vorkern- und Spindeltransfer. Bei Erkrankungen, die auf fehlerhafte Mitochondrien in der Eizelle zurückzuführen sind, wird der Zellkern einer befruchteten Eizelle in eine zuvor entkernte, weitere Eizelle mit „gesunden” Mitochondrien eingesetzt. Auch dieses Verfahren ist gegenwärtig experimentell und auch hier bestehen ethische Bedenken im Hinblick auf die möglichen Langzeitrisiken und die Veränderung des menschlichen Erbguts. Eine Aufbereitung der naturwissenschaftlichen sowie ethischen Hintergründe findet sich in einer Publikation des Nuffield Council on Bioethics:

Nuffield Council on Bioethics (2012): Novel technique for the prevention of mitochondrial DNA disorders. An ethical review. Online Version (Englisch)

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