Die rechtliche Regulierung der Stammzellforschung in Deutschland

Das seit 1. Januar 1991 geltende Embryonenschutzgesetz verbietet die Erzeugung eines Embryos „zu einem anderen Zweck als der Herbeiführung einer Schwangerschaft”. Zudem untersagt es die Verwendung eines Embryos „zu einem nicht seiner Erhaltung dienenden Zweck”. Ferner stellt es denjenigen unter Strafe, „der künstlich bewirkt, dass ein menschlicher Embryo mit der gleichen Erbinformation wie ein anderer Embryo, ein Fötus, ein Mensch oder ein Verstorbener entsteht”. Als Embryo gilt dabei bereits „jede einem Embryo entnommene totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu einem Individuum zu entwickeln vermag”. Damit ist die Erzeugung von Embryonen zu Forschungszwecken untersagt. Ebenso ist die nicht ihrer Erhaltung dienende Verwendung von Embryonen zur Gewinnung von Stammzellen verboten. Dieses Verbot gilt unabhängig davon, ob die auf diese Weise gewonnenen Stammzellen totipotent sind oder nicht, und erstreckt sich auch auf so genannte überzählige Embryonen. Ob das Embryonenschutzgesetz auch das so genannte therapeutische Klonen verbietet, oder ob diesbezüglich eine Regelungslücke vorliegt, wird innerhalb der Rechtswissenschaften kontrovers diskutiert.

Die Einfuhr und die Verwendung von embryonalen Stammzellen, die nicht totipotent sind, werden durch das am 28. Juni 2002 verabschiedete Stammzellgesetz geregelt. Demnach sind die Einfuhr und die Verwendung solcher Zellen nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig: Sie müssen „in Übereinstimmung mit der Rechtslage im Herkunftsland vor dem 1. Januar 2002” und aus Embryonen gewonnen worden sein, die „im Wege der medizinisch unterstützten extrakorporalen Befruchtung zum Zwecke der Herbeiführung einer Schwangerschaft erzeugt worden” sind und „endgültig nicht mehr für diesen Zweck verwendet wurden”. Für die Überlassung dieser Embryonen zur Stammzellgewinnung darf „kein Entgelt oder sonstiger geldwerter Vorteil gewährt oder versprochen” worden sein. Ferner müssen die mit den Stammzellen verfolgten Forschungsarbeiten „hochrangigen Forschungszielen” dienen und „soweit wie möglich in In-vitro-Modellen mit tierischen Zellen oder in Tierversuchen vorgeklärt” worden sein. Der angestrebte wissenschaftliche Erkenntnisgewinn darf sich „voraussichtlich nur mit embryonalen Stammzellen erreichen” lassen. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist von einer „durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit zu bestimmende[n] Behörde aus seinem Geschäftsbereich” zu überprüfen, die dabei von einer bei ihr einzurichtenden, interdisziplinär zusammengesetzten, unabhängigen „Zentrale[n] Ethik-Kommission für Stammzellforschung” zu beraten ist. Zuständige Behörde ist gemäß einer entsprechenden Verordnung vom 18. Juli 2002 das Robert Koch Institut (RKI).

Als besonderes Problem von deutschen Forschenden wird die eingeschränkte Nutzung der verstärkten Förderung von Stammzellforschung mit EU-Mitteln betrachtet. Aufgrund der restriktiven Gesetzgebung ist es deutschen Forschenden nur in wenigen Fällen möglich, EU-Stammzellforschungsförderung in Anspruch zu nehmen. Nach langer kontroverser Diskussion stimmte der Deutsche Bundestag am 11. April 2008 für eine Änderung des Stammzellgesetzes. Dabei wurde eine Verschiebung des Stichtags zum Import von embryonalen Stammzellen vom 01. Januar 2002 auf den 01. Mai 2007 beschlossen.

Gesetz zum Schutz von Embryonen (Embryonenschutzgesetz – ESchG) vom 13. Dezember 1990, Bundesgesetzblatt 1990 Teil I S. 2746–2748, geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. November 2011 (Bundesgesetzblatt 2011 Teil I S. 2228). Online Version

 Gesetz zur Sicherstellung des Embryonenschutzes im Zusammenhang mit Einfuhr und Verwendung menschlicher embryonaler Stammzellen (Stammzellgesetz) StZG vom 28. Juni 2002, Bundesgesetzblatt Jahrgang 2002 Teil I Nr. 42, S. 2277 vom 29. Juni 2002, zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 29 u. Artikel 4 Absatz 16 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBI. I S. 3154). Online Version

Wird geladen