Richtlinien zur Sterbehilfe in Großbritannien

Debbie Purdys Fall wurde am 30. Juli 2009 vom höchsten britischen Gericht entschieden. Der Prozess zog sich über zwei Jahre. Die Entscheidung der Lordrichter*innen beinhaltet neben dem eigentlichen Urteil vor allem eine für die Zukunft wichtige Anordnung an die Anklagebehörde, verbindliche Richtlinien zu erlassen, aus denen ersichtlich ist, ob und wann mit einer Strafverfolgung im Fall eines begleiteten Suizids zu rechnen ist. Bereits in einer ersten Reaktion auf diese Entscheidung erklärte sich Keir Starmer, der damalige Leiter der britischen Anklagebehörde, mit dem Urteil einverstanden.

Entsprechende Richtlinien wurden im Februar 2010 erlassen. Entscheidend für die Strafverfolgung ist demnach etwa die Unterscheidung zwischen "Beihilfe" und "Ermutigung" zum Freitod, das Vorliegen einer unheilbaren Krankheit bei den Betroffenen, das Alter der Betroffenen, die Fähigkeit zur und tatsächliche Äußerung des Suizidwunsches, die Beziehung zwischen Begleitenden und Suizidwilligen sowie die Frage, ob die Begleitung von dem Tod der Betroffenen profitiert. Die Entscheidung für oder gegen eine Strafverfolgung nach Beihilfe und/oder Ermutigung zum Freitod ist ausdrücklich als Einzelfallentscheidung angelegt, welche mit dem öffentlichen Interesse abgewogen wird.

Die Richtlinien enthalten eine Übersicht über diejenigen Aspekte, die bei der Entscheidung zur Strafverfolgung nach Beihilfe zum Suizid berücksichtigt werden. Dabei werden die einzelnen Anforderungen an die Beweislage und die Inhalte des öffentlichen Interesses aufgelistet, die auf die Entscheidung für oder gegen eine Strafverfolgung Einfluss nehmen.

Seit ihrer (damals vorläufigen) Veröffentlichung im September 2009 dienen die Richtlinien als Grundlage für gerichtliche Verfahren. Zu dem ersten Ermittlungsverfahren, in dem sie relevant waren, kam es am 11. Januar 2010 im Fall Cari Loder, welche sich im Juni 2009 nach schwerer neurologischer Erkrankung das Leben genommen hatte. Ermittlungen wurden aufgenommen gegen das Mitglied der Sterbehilfe befürwortenden Gruppe "Friends at the End", Dr. Libby Wilson, die wenige Tage vor dem Suizid telefonisch Kontakt mit Ms. Loder aufgenommen hatte. Im Einklang mit den von Starmer erlassenen Richtlinien kam es nicht zu einer Strafverfolgung.

Originaltext der Entscheidung der Lordrichter im Fall Purdy. Online Version (Englisch)

Ersten Reaktion von Keir Starmer. Online Version (Englisch)

Inhalt der vorläufigen Richtlinien für die Strafverfolgung. Online Version (Englisch)

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