Sterbehilfe für Minderjährige

Die Niederlande und Belgien sind die bislang einzigen EU-Staaten, die auch Kindern und Jugendlichen das Recht auf aktive Sterbehilfe einräumen. In Luxemburg, das 2009 als drittes Land ein Sterbehilfegesetz erließ, ist dies mit Zustimmung der Eltern ab 16 möglich.

In den Niederlanden erstreckt sich dieses Recht seit Inkrafttreten des entsprechenden Gesetzes im April 2002 auf Personen im Alter zwischen zwölf und achtzehn Jahren. Die Voraussetzungen für das Ausbleiben einer Strafverfolgung der behandelnden ärztlichen Fachperson im Falle aktiver Hilfe zur Selbsttötung sind hierbei zunächst die gleichen wie bei volljährigen Sterbewilligen.

Diese Sorgfaltskriterien beinhalten, dass die ärztliche Fachperson

  1. zu der Überzeugung gelangt ist, dass die betroffene Person freiwillig und nach reiflicher Überlegung um Sterbehilfe gebeten hat,
  2. zu der Überzeugung gelangt ist, dass ihr Zustand aussichtslos und das Leiden unerträglich war,
  3. die betroffene Person über ihren Zustand und dessen Aussichten informiert hat,
  4. mit der sterbewilligen Person zu der Überzeugung gelangt ist, dass es in dem Stadium, in dem sie sich befand, keine angemessene andere Lösung gab,
  5. mindestens eine andere, unabhängige ärztliche Fachperson hinzugezogen hat, welche die betroffene Person gesehen und ihr schriftliches Urteil über die in den Punkten a) bis d) bezeichneten Sorgfaltskriterien abgegeben hat, und
  6. die Lebensbeendigung medizinisch sorgfältig ausgeführt hat.

Zudem muss im Falle des Selbsttötungswunsches einer minderjährigen Person eine Einbeziehung der Eltern in verschiedenem Maße erfolgen: Wenn Betroffene im Alter zwischen sechzehn und achtzehn Jahren eine Bitte um Lebensbeendigung vorbringen, kann die ärztliche Fachperson dieser Bitte entsprechen, wenn die Eltern bzw. der Vormund in die Entscheidung einbezogen wurden. Bei betroffenen Personen zwischen zwölf und sechzehn Jahren ist hierzu das Einverständnis der Eltern bzw. des Vormunds erforderlich.

Belgien ist seit der Gesetzesänderung im Februar 2014 der erste europäische Staat, der für aktive Sterbehilfe keine Altersgrenze mehr vorgibt. Die seit 2002 geltende Regelung, die eine aktive Sterbehilfe für Personen ab 18 Jahren ermöglicht, wurde hierdurch auf alle Altersklassen ausgeweitet. Prinzipiell haben somit Minderjährige jeglichen Alters das Recht, von ihrer behandelnden ärztlichen Fachperson eine Beihilfe zur Selbsttötung in Anspruch zu nehmen. Die neue Regelung ist jedoch an gewisse Voraussetzungen gebunden. Diese beinhalten die ausdrückliche Bitte des Kindes, die Zustimmung der Eltern, die medizinische Klassifizierung des Leidens der Betroffenen als „unerträglich“ sowie ein psychologisches Gutachten, das die volle Zurechnungs- und Urteilsfähigkeit der minderjährigen Person bestätigt. Darüber hinaus gelten die regulären Bestimmungen aktiver Sterbehilfe.

Die Gesetzesnovelle stieß in Belgien und in anderen Ländern auch auf Kritik. Vertretende verschiedener Religionsgemeinschaften, Patientenverbände sowie kinderärztliche Fachpersonen protestierten gegen die Ausweitung der aktiven Sterbehilfe, da Kinder keine Entscheidung über ihre eigene Tötung treffen könnten.

Sterbehilfegesetz in den Niederlanden (Wet toetsing levensbeëindiging op verzoek en hulp bij zelfdoding) Online Version (Niederländisch)

Erweiterungsentwurf zum Sterbehilfegesetz in Belgien (Projet de loi modifiant la loi du 28 mai 2002 relative à l’euthanasie en vue de l’étendre aux mineurs / Wetsontwerp tot wijziging van de wet van 28 mei 2002 betreffende de euthanasie teneinde euthanasie voor minderjarigen mogelijk te maken) Online Version (Französisch / Niederländisch)

Bestätigung der Gesetzeserweiterung in Belgien durch König Philippe vom 28. Februar 2014 Online Version (Französisch / Niederländisch)

Sterbehilfegesetz in Luxemburg (Loi sur l’euthanasie et l’assistance au suicide) Online Version (Französisch)

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