„Grüne“ Einwilligungen und „grüne“ Gelöbnisse im Gesundheitsbereich

The Lancet startete 2017 mit einer eigenen Zeitschrift The Lancet: Planetary Health, um die Auswirkungen von Umwelt- und Klimaschädigungen auf die Gesundheit von Menschen, Tieren und Ökosystemen gezielter auch in wissenschaftlichen Publikationen aufzugreifen. In immer mehr Bereichen der Bioethik spielt dieses Thema eine Rolle wie etwa in der Organisation der Gesundheitssysteme oder in der Ausrichtung der biomedizinischen Forschung. Vor diesem Hintergrund setzt sich die Medizinethik inzwischen intensiv damit auseinander, inwiefern auch im individuellen Arzt-Patient-Verhältnis und in der Praxis der gesundheitlichen Versorgung der Klima- und Umweltschutz Berücksichtigung finden sollte. Denn die gesundheitlichen Belastungen durch Umweltschädigungen und den Klimawandel sind längst unübersehbar. Gerade Gesundheitsfachkräfte können einen erheblichen Beitrag leisten, Patient:innen aufzuklären, aber sie können auch ihr eigenes Handeln stets dahingehend überprüfen, ob es zentralen Kriterien der Nachhaltigkeit entspricht.

Ein wichtiges Instrument, das in diesem Zusammenhang intensiv diskutiert wird, ist der „Green Informed Consent“. Gemeint ist damit eine Form der medizinischen Aufklärung und Einwilligung, die über die klassische Aufklärungspflicht hinausgeht und Umweltaspekte in medizinische Entscheidungen einbezieht. Patient:innen sollen nicht nur über Risiken und Nutzen einer Behandlung informiert werden, sondern auch darüber, welche ökologischen Auswirkungen bestimmte Eingriffe, Therapien oder Medikamente haben und welche nachhaltigeren Alternativen möglicherweise existieren. Dies könnte die Autonomie der Patient:innen stärken, indem sie eine bewusste Entscheidung nicht nur für ihre eigene Gesundheit, sondern auch für die Umwelt treffen können. Gleichzeitig soll das Vertrauen in das Arzt-Patient-Verhältnis gefördert werden, da Ärzt:innen durch umweltbewusstes Handeln und transparente Kommunikation ihre gesellschaftliche Verantwortung für dieses Thema wahrnehmen. Dies setzt freilich voraus, dass man sich auch als Gesundheitsfachkraft etwa über die Produktionsbedingungen oder Nebenwirkungen von Medizinprodukten unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit informiert hat und entsprechend qualifiziert Auskunft geben kann.

Darüber hinaus wird ein „Pledge for Planetary Health“ diskutiert, der Gesundheitsfachkräfte dazu verpflichten soll, ökologische Nachhaltigkeit in ihre berufliche Ethik und Praxis stärker zu integrieren. Die Protagonist:innen einer Ausweitung einer Eidesformel vermuten, dass dies langfristig zu einer Verbesserung des gesamten Gesundheitssystems beitragen kann, denn nachhaltige Praktiken, wie der gezielte Einsatz ressourcenschonender Materialien, eine energiesparende Infrastruktur und die Reduktion von Einwegprodukten, können den ökologischen Fußabdruck von Krankenhäusern und Praxen erheblich senken. Zudem fördert eine stärkere Präventionsorientierung, die beispielsweise Luftqualität, Hitzeschutz und Umweltfaktoren in die Diagnostik und Therapie einbezieht, eine gesündere Gesellschaft und entlastet gleichzeitig das Gesundheitssystem.

Darüber hinaus seien Gesundheitsfachkräfte durch ihre hohe gesellschaftliche Anerkennung in der idealen Position, um Bewusstsein für den Zusammenhang zwischen einer gesunden Umwelt und gesunden Menschen zu schaffen. Gesundheitsfachkräfte können nicht nur individuelle Patient:innen beraten, sondern auch als Fürsprecher:innen für eine gesundheitsförderliche Umweltpolitik auftreten. Eine umweltfreundlichere medizinische Praxis bedeutet nicht nur eine Reduktion von CO₂-Emissionen und Abfällen, sondern kann auch dazu beitragen, gesundheitliche Ungleichheiten zu verringern. Besonders benachteiligte Bevölkerungsgruppen sind nämlich oft stärker von Umweltbelastungen betroffen, weshalb Gesundheitsfachkräfte eine zentrale Rolle in der Bekämpfung von Umweltungerechtigkeit spielen.

Letztlich zeigt die Debatte um einen „Green Informed Consent“ und „Pledge for Planetary Health“, dass der Schutz der menschlichen Gesundheit untrennbar mit dem Schutz des Planeten verbunden ist. Gleichzeitig werden jedoch beide Konzepte auch kritisiert, weil befürchtet wird, dass sie vom Kern ärztlicher Aufgaben und dem zentralen Anliegen im Arzt-Patient-Verhältnis, nämlich die Gesundheit zu verbessern und zu heilen, ablenken. Zudem würde der Bereich der nicht unmittelbar gesundheitsbezogenen Aufgaben, der etwa durch Dokumentationspflichten oder Datenschutzauflagen ohnehin schon groß ist, um diese neuen Komponenten noch erheblich erweitert, so dass im Ergebnis noch weniger Zeit für gesundheitsbezogene Patientengespräche und die Behandlung von Patient:innen zur Verfügung stünden.

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Der Artikel von Cristina Richie mit dem Titel „Green informed consent in the classroom, clinic, and consultation room“ präsentiert eine Argumentation, die darauf abzielt, das Konzept der informierten Einwilligung im Kontext des Gesundheitswesens in grundsätzlicher Weise um ökologische Aspekte zu erweitern. Der Artikel thematisiert den steigenden Einfluss von Treibhausgasemissionen des globalen Gesundheitswesens auf den Klimawandel sowie die daraus resultierenden gesundheitlichen Gefahren. Richie postuliert, dass Ärzt:innen und Gesundheitseinrichtungen Aspekte des ökologischen Fußabdrucks in den von ihnen angebotenen Gesundheitsleistungen und der Beratung von Patienten integrieren sollten, um die Verbindung zwischen medizinischer Behandlung und den negativen Auswirkungen auf die Umwelt zu verdeutlichen.

Ein „grünes“ informiertes Einwilligungsverfahren gemäß Richie beinhaltet zwei zentrale Aspekte: Erstens sollten Klimainformationen in die Arzt-Patienten-Kommunikation grundsätzlich integriert werden. Es soll zu den Aufgaben des Gesundheitspersonals zählen, Patienten über die ökologischen Auswirkungen ihrer Behandlung aufzuklären, insbesondere wenn es sich um nicht dringende oder lebensverlängernde Maßnahmen handelt. Dabei kann es sinnvoll sein, alternative, weniger CO₂-intensive Behandlungsmöglichkeiten vorzuschlagen, sofern diese dem Patientenwunsch entsprechen. Zweitens ist der Respekt für Patientenentscheidungen von großer Bedeutung. Wenn Patienten sich auf Grundlage der bereitgestellten Informationen gegen eine Behandlung entscheiden, weil sie diese als zu umweltschädlich empfinden, sollte diese Entscheidung akzeptiert werden. Dabei ist es essenziell, dass das medizinische Personal seine eigenen Werte nicht über die der Patienten stellt.

Die Argumentation basiert auf der moralischen Pflicht von Medizinern, keinen Schaden anzurichten. Da der Klimawandel erhebliche Gesundheitsgefahren mit sich bringt, wie Hitzewellen, eine Verschlechterung der Luftqualität und die Ausbreitung von Krankheiten, wird von Richie gefordert, dass das Gesundheitswesen seine Verantwortung zur Reduzierung von Emissionen wahrnimmt. Dies gilt sowohl für die direkte Behandlung als auch für den Betrieb der Einrichtungen, die signifikant zum CO₂-Ausstoß beitragen.

Bezogen auf das Gesundheitswesen schlägt Richie die Integration des „grünen“ informierten Einwilligungsverfahrens in drei zentralen Bereichen vor: Der erste Bereich betrifft die Bildung im Gesundheitswesen. Die Vermittlung von Wissen über Nachhaltigkeit und die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit sollte ein fester Bestandteil der Ausbildung von Gesundheitsfachkräften sein. Dadurch kann bereits bei angehenden Ärzt:innen ein Bewusstsein für ökologische Aspekte in der Patient:innenversorgung geschaffen werden.

Ein weiterer Bereich ist die klinische Praxis. Im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung sollten nachhaltige Behandlungsoptionen thematisiert werden, um Mediziner:innen für ökologische Aspekte in der Patient:innenversorgung zu sensibilisieren. Ein Beispiel für die praktische Anwendung wäre, dass ein:e Ärzt:in vor einer nicht dringenden Operation gemeinsam mit dem:der Patient:in die Konsequenzen für den ökologischen Fußabdruck der verfügbaren Behandlungsoptionen abwägt.

Der dritte Bereich betrifft die ethische Dimension von Konsultationen. In ethischen Beratungen im klinischen Umfeld sollten ökologische Aspekte als fester Bestandteil der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden, insbesondere wenn es um ressourcenschonende Maßnahmen in der Gesundheitsversorgung geht. So kann Nachhaltigkeit gezielt in medizinische Entscheidungen einfließen, ohne dabei die individuellen Bedürfnisse der Patient:innen außer Acht zu lassen.

Die von Richie vorgestellten Konzepte zielen darauf ab, das Gesundheitswesen durch die Einführung eines „green informed consent“ insgesamt nachhaltiger zu gestalten und den CO₂-Fußabdruck der Medizin zu reduzieren, ohne dabei die Autonomie der Patienten zu gefährden.

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In ihrem Artikel „Green bioethics, patient autonomy and informed consent in healthcare“ befassen sich David Resnik und Jonathan Pugh mit der Frage, ob es einer neuen Dimension der Bioethik bedarf, wenn man die ökologischen Auswirkungen auf das Gesundheitswesens in systematischer Form in der Bioethik aufgreifen will. Das Konzept der „grünen Bioethik“ baut auf Werten wie ökologischer Nachhaltigkeit und Verantwortung für die Umwelt auf und diskutiert, inwieweit Ärzteschaft und Gesundheitseinrichtungen geradezu verpflichtet sind, Patient:innen über die Umweltfolgen ihrer Behandlungsoptionen aufzuklären.

Einige Vertreter der grünen Bioethik argumentieren, dass Patient:innen über die Umweltbelastungen ihrer Behandlung informiert werden sollten, um eine umfassendere und informierte Entscheidung treffen zu können. Dies wird als „grüne Einwilligung“ bezeichnet. Die Autoren sind jedoch skeptisch gegenüber der Verallgemeinerung dieser Praxis. Sie argumentieren, dass die Routineoffenlegung von Umweltinformationen das autonome Entscheidungstreffen von Patient:innen gefährden und das Vertrauensverhältnis zwischen Ärzt:in und Patient:in sogar belasten könnte, insbesondere wenn die Patient:innen keine solchen Informationen wünschen. Es besteht die Gefahr, dass sich Patient:innen manipuliert oder moralisch verurteilt fühlen.

Auch das für die Medizinethik zentrale Konzept der Patientenautonomie wird zum Gegenstand der Neureflexion in diesem Zusammenhang der Debatte. Autonomie bedeutet, dass Patient:innen Entscheidungen auf Grundlage ihrer eigenen Werte und Interessen treffen können. Ärzt:innen sind verpflichtet, diese Autonomie zu respektieren und zu fördern. Dies beinhaltet sowohl eine negative Pflicht, nicht in die Entscheidung der Patient:innen einzugreifen, als auch eine positive Pflicht, die Entscheidungsfindung zu erleichtern, beispielsweise durch Informationsvermittlung. Allerdings sind Ärzt:innen nicht verpflichtet, Informationen preiszugeben, die die Entscheidungsfreiheit der Patient:innen möglicherweise beeinträchtigen könnten, insbesondere wenn es sich um moralisch aufgeladene Themen wie den Klimawandel handelt.

Im Text wird darauf hingewiesen, dass Standards für die Informationspflicht beim informierten Einverständnis von Land zu Land unterschiedlich sind. Der sogenannte „reasonable person standard“ besagt, dass Ärzt:innen Informationen preisgeben müssen, die eine vernünftige Person für entscheidungsrelevant hält. Der Text argumentiert jedoch, dass Umweltinformationen möglicherweise nicht als entscheidungsrelevant für die Mehrheit der Patient:innen gelten, da Umweltauswirkungen oft nicht direkt ihre persönliche Gesundheit betreffen. Zudem gibt es den „subjective standard“, bei dem Ärzt:innen primär die individuellen Informationsbedürfnisse eines Patienten berücksichtigen sollten. Dieser wäre in diesem Kontext dann anzuwenden, wenn Patient:innen ausdrücklich Interesse an den ökologischen Folgen einer Behandlung zeigen.

Zudem betont der Text die Gefahr, dass Umweltinformationen, wenn sie ohne Kontext oder ohne Rücksicht auf die Wünsche von Patient:innen gegeben werden, das Vertrauensverhältnis zwischen Ärzt:in und Patient:in schädigen könnten. Patient:innen könnten sich moralisch unter Druck gesetzt fühlen, eine umweltfreundlichere Behandlung zu wählen, was das Gefühl der Manipulation verstärken könnte. Daher plädieren die Autor:innen dafür, dass Ärzt:innen Umweltaspekte nur dann zur Sprache bringen sollten, wenn Patient:innen ausdrücklich ein Interesse daran geäußert haben. Gesundheitseinrichtungen sollten vielmehr systemische Änderungen auf Ebene der Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens anstreben, um nachhaltigere Praktiken zu fördern.

Abschließend argumentiert der Text, dass eine pauschale Pflicht zur Offenlegung von Umweltfolgen im Behandlungsprozess nicht angemessen ist, da sie die Autonomie vieler Patient:innen einschränken und das Vertrauensverhältnis zu ihren Ärzt:innen untergraben könnte. Stattdessen sollten Ärzt:innen ihre Umweltwerte offen kommunizieren und Patient:innen, die daran interessiert sind, die Möglichkeit geben, sich über die Umweltfolgen ihrer Behandlung zu informieren.

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Noch sehr viel grundlegender greift dieses Thema die Debatte um einen „Planetary Health Pledge for Health Professionals“ auf. Vor dem Hintergrund der Vielzahl von Herausforderungen des Anthropozäns beschreiben die Autoren des Artikels „A pledge for planetary health to unite health professionals in the Anthropocene“ (Katharina-Jaqueline Wabnitz et al.) eine aus ihrer Sicht notwendige Erweiterung des Nichtschadensprinzips („primum non nocere“) und des Benefizienzprinzips, in dem beide Prinzipien auch den Schutz des Planeten einschließen sollten. Gesundheitsfachkräfte könnten dann zwischen Wissenschaft, Politik und Praxis vermitteln und zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks beitragen.

Um diese Prinzipien fest in der Berufsidentität und im Ethos zu verankern, schlagen die Autor:innen eine aktualisierte Berufseidesformel vor. Dieser neue „Planetary Health Pledge“ betont insbesondere

  • die Verantwortung für Mensch und Natur,
  • die Bedeutung von Prävention und Nachhaltigkeit,
  • den Kampf gegen soziale, strukturelle und ökologische Ungerechtigkeiten,
  • die Anerkennung von indigenem Wissen und kultureller Vielfalt,
  • die Verpflichtung zur wissenschaftlichen Integrität und gegen Desinformation, sowie
  • die Förderung interdisziplinärer Zusammenarbeit und Bildung.

Der Artikel fordert Gesundheitseinrichtungen und Berufsverbände auf, Planetary Health in ihren Leitbildern zu verankern und gemeinsame, berufsübergreifende Verpflichtungen einzugehen, um die Herausforderungen des Anthropozäns anzugehen.

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In seiner Abhandlung „Climate Change and the Different Roles of Physicians: A Critical Response to ‚A Planetary Health Pledge for Health Professionals in the Anthropocene‘“ äußert sich Urban Wiesing hingegen kritisch gegenüber dem von Wabnitz et al. vorgestellten Planetary Health Pledge (PHP). Wiesing erörtert die Frage, wie die Rolle von Ärzt:innen zwischen ihrer Verantwortung für individuelle Patient:innen und ihren möglichen Aufgaben im Bereich des Umweltschutzes abzuwägen ist.

Die Kernkritik lautet, dass der PHP die traditionelle Rolle des Arztes im Verhältnis zum Patienten verwässert, indem er auf kollektive Verantwortlichkeiten abzielt, ohne klare Richtlinien für den Umgang mit Konflikten zwischen den Bedürfnissen von Patient:innen und dem Umweltschutz zu bieten. Wiesing postuliert, dass die primäre Verpflichtung eines Arztes oder einer Ärztin stets der individuelle Patient bzw. die individuelle Patientin sein sollte, wie es in der Genfer Deklaration festgelegt ist: „Die Gesundheit und das Wohl meines Patienten werden immer meine erste Überlegung sein.“ Der Artikel betont, dass Umweltbelange in Konflikt mit den Anforderungen der Patient:innenversorgung geraten könnten, wenn umweltschonendere, aber weniger wirksame Behandlungsoptionen gewählt werden müssten.

Wiesing führt weiter aus, dass die Verwendung von Begriffen wie „Patient:innen“ und „Personen“ im Plural durch den PHP problematisch ist, da dies die individuelle Ausrichtung der Medizin untergräbt. Wiesing warnt vor einer potenziell gefährlichen Abkehr von der patientenzentrierten Medizin, die durch die kollektive Verantwortung im PHP gefördert wird. Diese Abkehr könne zu einer Situation führen, in der das Wohlergehen des einzelnen Patienten zugunsten größerer ökologischer Ziele vernachlässigt wird. Ein weiteres Problem, das er anspricht, ist die fehlende Berücksichtigung von Vertraulichkeit und Nichtdiskriminierung im PHP. Während der Pledge vage auf Themen wie Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit eingeht, vernachlässigt er die klare Regelung der Vertraulichkeit, die traditionell ein zentrales Element des Arzt-Patienten-Verhältnisses ist.

Ein zentrales Argument des Artikels besagt, dass Entscheidungen, welche sowohl das Wohlergehen von Patient:innen als auch den Umweltschutz betreffen, auf gesellschaftlicher Ebene und nicht auf der individuellen Arzt-Patienten-Ebene getroffen werden sollten. Wiesing führt aus, dass der PHP Ärzt:innen in eine unklare und moralisch fragwürdige Position bringt, in der sie möglicherweise gezwungen sind, zwischen der optimalen Versorgung von Patient:innen und dem Schutz der Umwelt zu wählen.

Wiesing schließt, dass eine Ergänzung des Genfer Gelöbnis im Hinblick auf den Umweltschutz durchaus sinnvoll sein kann, der PHP jedoch grundlegende Veränderungen vorschlägt, die die zentrale Rolle von Ärzt:innen und das Vertrauen in die Medizin gefährden könnten. Anstatt die ethischen Grundsätze der Medizin zu ändern, sollte der Umweltschutz als zusätzliches Element berücksichtigt werden, ohne dabei die Kernverpflichtung gegenüber dem individuellen Patienten bzw. der individuellen Patientin zu untergraben.

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