Gesetzliche Neuregelung der Beihilfe zur Selbsttötung 2023

Am 6. Juli 2023 wurden zwei Gesetzesentwürfe für eine Neuregelung der Suizidhilfe im Deutschen Bundestag zur Abstimmung vorgelegt, die jedoch jeweils die Mehrheit verfehlten.

Der Entwurf der Gruppe um den Abgeordneten Lars Castellucci sieht eine begrenzte Strafbarkeit vor sowie die Ausarbeitung eines Schutzkonzepts, so dass die Hilfe bei der Selbsttötung in organisierter („geschäftsmäßiger“) Form im Strafgesetzbuch durch die Wiedereinführung des Paragraf 217 verankert würde, unter bestimmten Vorraussetzungen aber zu erlauben wäre. Diese Voraussetzungen beinhalten psychiatrische oder psychotherapeutische Begutachtungen, um eine die Autonomie-einschränkende psychische Krankheit oder andere Faktoren, die die freie Entscheidung beeinträchtigen könnten, unbedingt auszuschließen. Der andere Entwurf der Gruppe um die Abgeordneten Katrin Helling-Plah, Renate Künast und anderer sieht eine generelle Straffreiheit vor sowie ein neues Suizidhilfegesetz mit dem Fokus auf einem Beratungskonzept. Dieses beinhaltet die Einrichtung staatlich anerkannter Beratungsstellen unter der Auffassung, dass jeder Person das Recht zukomme, aus einem autonom gebildeten, freien Willen heraus das eigene Leben zu beenden und dabei die Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Während am ersten Entwurf die erneute Regelung im Strafgesetzbuch kritisiert wurde, die weder Betroffenen noch Ärzt:innen helfe und Gefahr laufe, Suizidhilfe zu kriminalisieren, bestand die Kritik am zweiten Entwurf  vor allem darin, dass dieser einen zu leichtfertigen Umgang mit Menschen in vulnerablen Krisen- oder Grenzsituationen darstelle und Gefahr laufe, eine gesellschaftliche Normalisierung von Suiziden herbeizuführen. An beiden Entwürfen wurde der Versuch kritisiert, eine normierte Regelung für heterogene Personengruppen zu finden.

Der Wortlaut der Gesetzesentwürfe findet sich hier:

Gesetzentwurf (2022) (Gruppe um Lars Castellucci (SPD), Ansgar Heveling (CDU) und Abgeordnete von Grüne, FDP und Linken): Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Hilfe zur  Selbsttötung und zur Sicherstellung der Freiverantwortlichkeit der  Entscheidung zur Selbsttötung vom 07. März 2022. Bundestags-Drucksache 20/904. Online Version

Gesetzentwurf (2023) (Gruppe um Katrin Helling-Plahr (FDP), Renate Künast (Grüne) und weitere Abgeordnete von SPD und Linke): Entwurf eines Gesetzes zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben und zur Regelung der Hilfe zur Selbsttötung sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 13. Juni 2023. Bundestags-Drucksache 20 (o.A.). Online Version

Hintergrundinformationen werden z. B. hier dargelegt:

Fiebig, P. (2023): Entscheidung im Bundestag. Wie die Sterbehilfe in Deutschland geregelt werden soll. In: Deutschlandfunk (16. Juni 2023).

Deutscher Bundestag (2023): Bundestag lehnt Gesetzesentwürfe zur Reform der Sterbehilfe ab. Online Version [13.07.2023]

Siehe zur Debatte über die Ausgestaltung und Reichweite der staatlichen Suizidprävention in diesem Zusammenhang:

Entschließungsantrag (2023): Entschließungsantrag zu der dritten Beratung der Gesetzentwürfe zum Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Suizidhilfe und zum Entwurf eines Gesetzes zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben und zur Änderung weiterer Gesetze  – Drucksachen 20/2332 und 20/2293 –  Suizidprävention ernst nehmen – Forschung stärken und  evidenzbasierte Maßnahmen konsequent umsetzen. Bundestags-Drucksache 20 (o.A.). Online Version

Antrag (2022): Suizidprävention stärken und selbstbestimmtes Leben ermöglichen vom 22. März 2022. Bundestags-Drucksache 20/1121. Online Version

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