Forschungsklonen
Stand: September 2022
Ansprechpartnerin: Aurélie Halsband
Bei vielen Lebewesen findet die geschlechtliche (sexuelle) Fortpflanzung über die Bildung und Rekombination von Keimzellen (Samen- und Eizellen) statt. Durch die Zusammensetzung des elterlichen Erbguts entsteht ein neues Genom. Unter Klonierung versteht man im Gegensatz hierzu eine Form ungeschlechtlicher (asexueller) oder vegetativer Vermehrung, bei der das Genom des entsprechenden Organismus dupliziert wird. Es kommt nicht zu einer Neuordnung (Rekombination) von Genen, sondern es entsteht eine genetisch nahezu, gegebenenfalls auch vollständig identische, „Kopie” des Originals. Bei vielen niedriger entwickelten Tieren und den meisten Pflanzen ist die Klonierung neben der sexuellen Reproduktion eine gängige Form der Fortpflanzung. Auch beim Menschen kommt die identische Mehrlingsbildung in Form von eineiigen Zwillingen (monozygotische Zwillingsbildung) natürlicherweise vor, allerdings nur im Kontext der geschlechtlichen Fortpflanzung.
Im Labor können Organismen auf verschiedene Weisen künstlich kloniert werden: z. B. durch Teilung eines bereits existierenden Embryos, d. h. durch Embryonensplitting oder durch die Erzeugung eines Embryos mittels Zellkerntransfer. Aus der Erschaffung sogenannter transgener Mäuse ist noch ein weiteres Verfahren bekannt, die tetraploide Embryo-Komplementierung. Neben Unterschieden in der Klonierungstechnik ist zwischen verschiedenen Zielsetzungen bei der Klonierung zu differenzieren, nämlich dem Forschungsklonen bzw. therapeutischen Klonen einerseits und dem reproduktiven Klonen andererseits. Bei allen Klon-Techniken wird ein genetisch identisches Duplikat hergestellt: das Duplikat eines DNA-Fragment oder -Moleküls, einer Zelle, eines Gewebes oder, wie im Fall des reproduktiven Klonens, eines vollständigen Organismus.
Gegenstand dieses Blickpunktes ist das Klonen zu Forschungszwecken bzw. das therapeutische Klonen. Das reproduktive Klonen, d. h. der Einsatz der Technik zu Zwecken der Fortpflanzung wird hingegen nur insofern berücksichtigt, als die Techniken bis zu einem bestimmten Punkt identisch sind.
Um mögliche Missverständnisse zu vermeiden, wird der in der öffentlichen Debatte vorherrschende Begriff des „therapeutischen Klonens” im Folgenden durch den Begriff des Forschungsklonens ersetzt bzw. ergänzt. Ein Großteil der gegenwärtigen Forschung zielt nicht auf konkrete Therapievorhaben ab, sondern ist dem Bereich der Grundlagenforschung zuzuordnen. Diese Grundlagenforschung kann und soll zwar langfristig in die Entwicklung neuer Therapien münden, dient aber vor allem auch dem grundsätzlichen Verständnis der wissenschaftlich relevanten Prozesse.
Was ist Forschungsklonen bzw. therapeutisches Klonen?
Unter dem Begriff des Forschungsklonens bzw. therapeutischen Klonens werden verschiedene Methoden zusammengefasst: der Zellkerntransfer, die Reprogrammierung differenzierter Zellen und das Embryonensplitting.
Bei der Methode des Zellkerntransfers (engl. somatic cell nuclear transfer [SCNT]) wird der Kern einer beliebigen Körperzelle in eine zuvor entkernte Eizelle eingebracht. Der Zellkern kann dabei praktisch aus jeder adulten Körperzelle einer spendenden Person isoliert werden. Die im Anschluss an eine spezielle Hormonbehandlung aus den Eierstöcken einer spendenden Person mittels Punktion gewonnene Eizelle wird entkernt, indem mit einer Mikropipette der Zellkern abgesaugt und durch den aus der Körperzelle abgesaugten Zellkern ersetzt wird. Der Transfer des neuen Zellkerns erfolgt dabei durch Injektion in das Zytoplasma der Eizelle. Von der Eizelle ausgehende, in ihrer genauen Wirkungsweise bislang noch weitgehend unverstandene Impulse bewirken eine Reprogrammierung des Zellkerns bei dem dieser seine Spezialisierung verliert. Aus seinem bereits differenzierten Zustand wird der Zellkern damit in einen Zustand zurückversetzt, der es ermöglicht, dass sich ein Embryo entwickelt.
Der klonierte Embryo ist hinsichtlich des im Zellkern enthaltenen Erbmaterials genetisch identisch mit der zellkernspendenden Person. Allein die Mitochondrien, d. h. die Zellbestandteile, die der Energiegewinnung innerhalb der Zelle dienen, entstammen der Eizelle. Der sich im Anschluss an die Zellkernübertragung entwickelnde Klon ist genetisch nahezu vollständig identisch mit der Person, von der eine Zelle bzw. ein Zellkern zur Übertragung entnommen wurde. Vollständige Identität wird nur erreicht, wenn die Person, die den Zellkern spendet und die Person, die die Eizelle spendet, genetisch identisch sind.
Bekanntheit erlangte das Verfahren des Zellkerntransfers durch die Forschungsergebnisse des Teams um den Embryologen Ian Wilmut. Diesem war es 1997 erstmals gelungen, einen Säugetier-Embryo durch den Transfer des Zellkerns einer adulten Körperzelle in eine entkernte Eizelle zu erzeugen und zur vollständigen Entwicklung zu bringen. Das „Klonschaf Dolly” steht seitdem für den Erfolg der Forschung, aber auch für die Möglichkeit einer Anwendung der Technik für reproduktive Zwecke, die ethisch überaus umstritten ist.
Zudem ist seit einigen Jahren ein Verfahren bekannt, mit dem erfolgreich menschliche somatische Zellen so reprogrammiert werden können, dass sie signifikante Eigenschaften von embryonalen Stammzellen aufweisen. Derartige Zellen werden induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen) genannt. Da auch die iPS-Zellen genetisch identisch mit den Zellen der spendenden Person sind, verspricht diese Technik eine in ethischer und rechtlicher Hinsicht weniger problematische Alternative zum therapeutischen Klonen zu sein. Ob iPS-Zellen sich unter den Bedingungen der Zellkultur auch in totipotente Zellen umwandeln können, ist umstritten. Der gelungene Nachweis der Pluripotenz von iPS-Zellen einer Maus mithilfe des Verfahrens der Tetraploiden Embryonen-Komplementierung gibt in diesem Kontext jedoch Anlass zur Diskussion. Angesichts dieser Ergebnisse ist fraglich, ob das Verfahren der Zell-Reprogrammierung hinsichtlich seiner ethischen Bewertung stärker in die Nähe des Forschungsklonens bzw. der Forschung an gespendeten und künstlich erzeugten Embryonen zu rücken ist.
In technischer Hinsicht sind Forschungsklonen und Klonen in reproduktiver Absicht nicht grundlegend verschieden. Entscheidend ist allerdings, dass der Embryo im Falle des Forschungsklonens nicht in einen Uterus eingebracht wird, um ihn zur Geburt zu bringen. Er wird vielmehr in einem frühen Stadium der Embryonalentwicklung (dem Blastozystenstadium) zerstört, um ihm embryonale Stammzellen (ES-Zellen) entnehmen zu können, die sich in vitro zu bestimmten Zelltypen ausdifferenzieren lassen. Der Ansatz wird insofern nicht unzutreffend als „therapeutisches Klonen” beschrieben, als dass die Hoffnung besteht, die so verfügbar gewordenen Zellen schließlich dem Spendendenorganismus zu Therapiezwecken wieder übertragen zu können. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wird die Klonierung, dort wo sie gesetzlich erlaubt ist, jedoch meist zu Forschungszwecken betrieben.
Eine weitere Methode, einen genetisch identischen Klon zu erzeugen, ist das sogenannte Embryonensplitting. Hierbei wird durch mikrochirurgische Teilung eines Embryos auf künstlichem Wege eine Zwillings- oder Mehrlingsbildung erreicht. Da die Zellen zu Beginn der Embryonalentwicklung noch totipotent sind, entstehen zwei oder mehr Embryonen, die sich in geeigneter Umgebung wie ein ungeteilter Embryo weiterentwickeln. Diese Methode spielt gegenwärtig in Bezug auf das Feld des Forschungsklonens eine untergeordnete Rolle.
Wozu dient Forschungsklonen bzw. therapeutisches Klonen?
Primäres Ziel des Forschungsklonens bzw. des therapeutischen Klonens ist die Gewinnung von embryonalen Stammzellen (ES-Zellen). Diese Zellen sind für die Forschung deshalb interessant, weil sie sich unter entsprechenden Bedingungen in nahezu alle verschiedenen Typen von Körperzellen entwickeln können. Diese Fähigkeit wird als Pluripotenz bezeichnet. Ob über Klonierung erzeugte Stammzellen sich unter Bedingungen der Zellkultur auch in totipotente Zellen umwandeln können, ist umstritten. Ein experimenteller Nachweis der Totipotenz von embryonalen Stammzellen verbietet sich aus ethischen Gründen, da es hierzu nötig wäre, einen vollständigen Organismus heranreifen zu lassen.
Langfristiges Ziel des Forschungsklonens ist die Gewinnung autologer Stammzellen für therapeutische Zwecke, d. h. solcher Stammzellen, deren genetische Merkmale mit den genetischen Merkmalen der zu therapierenden Personen weitgehend identisch sind. Auf diesem Wege wäre eine hohe Immunkompatibilität der zu Therapiezwecken in einen Organismus eingebrachten Zellen oder Gewebe gewährleistet und eine Reihe von Komplikationen würden vermieden, die bei Verwendung heterologer (z. B. durch Organspende verfügbar gewordener) Transplantate auftreten. Vor allem erhofft man sich im Falle eines Forschungserfolges mittels der Klonierungstechnik eine Transplantionsmedizin zur Verfügung stellen zu können, bei der die bisher nötige dauerhafte Gabe von Immunsuppressiva unnötig oder zumindest gemindert wäre und die darüber hinaus die bisherige Knappheit an Transplantaten beheben würde. Im November 2014 publizierten jedoch Forschende des Hamburger Universitätsklinikums Eppendorf in der Fachzeitschrift Cell Stem Cell eine Studie am Mausmodell bei der es nach der Transplantation von embryonalen Stammzellen aus einem Zellkerntransferverfahren zu Abstoßungsreaktionen gekommen war. Grund hierfür sind mitochondriale Unterschiede zwischen den transplantierten Zellen und denen der empfangenden Person. Da Mäuse eine vergleichsweise geringe Variabilität an Mitochondrien aufweisen, sind möglicherweise auch bei Menschen Immunreaktionen zu erwarten. Nach Meinung der Forschenden ist die Methode des Zellkerntransfers jedoch nach wie vor ein vielversprechender Weg zu neuen Therapien, wenn das Abstoßungsproblem gelöst ist. Zudem wird auch auf mögliche Risiken der therapeutischen Verwendung geklonter Stammzellen verwiesen, vor allem darauf, dass Stammzelltherapien ein Tumorwachstum induzieren können. Es wird entsprechend zu klären sein, ob und wie die Entstehung von Tumoren gegebenenfalls unterbunden werden kann.
Auch die genetisch mit den Zellen der Spendenden identischen iPS-Zellen gelten als ein weiterer Favorit für die genannten Forschungsziele. Allerdings ist das Verfahren zurzeit noch mit Risiken verbunden, die vor einem Einsatz im Rahmen therapeutischer Verfahren behoben werden müssen. Auch hat sich gezeigt, dass zwischen iPS-Zellen und pluripotenten ES-Zellen doch größere Unterschiede bestehen als zunächst angenommen. Weitere Details hierzu finden sich im Blickpunkt Stammzellforschung.
Stand der Forschung
Versuche im Bereich des Forschungsklonens fanden lange Zeit ausschließlich im Tierversuch statt. Im Jahr 2000 berichteten Munsie et al. erstmals von der erfolgreichen Kultivierung pluripotenter embryonaler Stammzellen in der Maus. Hierzu injizierten sie entkernten murinen Eizellen das Erbmaterial der Körperzellen von Mäusen und ließen den so erzeugten Klon bis zur Blastozyste heranreifen. Die den Blastozysten entnommenen embryonalen Stammzellen konnten in der Petrischale weiter kultiviert und zu Nerven- und Muskelzellen ausdifferenziert werden. Diese Stammzellen wurden nachfolgend markiert und in Mäuseembryonen und auch in bereits ausgewachsene Mäuse injiziert. Es gelang der Nachweis, dass die geklonten Stammzellen im Mausembryo zum Aufbau von Hirn, Leber, Lunge, Niere und anderen Organen beitrugen und sich auch in bereits ausgewachsenen Mäusen zu verschiedenen Gewebetypen ausbilden können.
Die erfolgreiche Gewinnung von Stammzellen aus zuvor klonierten Primatenembryonen wurde Ende 2007 zum ersten Mal beschrieben. Hierzu wurden Zellkerne aus Hautzellen von Rhesusaffen per Zellkerntransfer in entkernte Eizellen gebracht. Diese entwickelten sich zu Blastozysten, aus denen wiederum Stammzellen gewonnen wurden, die sich als genetisch weitgehend identisch mit den ursprünglichen Spendendenzellen erwiesen. In allen getesteten Punkten entsprachen die Zellen herkömmlichen embryonalen Stammzellen und konnten sich nach Aussage der Forschungsgruppe um Shoukhrat Mitalipov in Herzmuskel- und Nervenzellen ausdifferenzieren.
Anfang 2008 publizierten Tabar et al. die Ergebnisse eines therapeutischen Versuchs mit Stammzellen aus geklonten Embryonen zur Behandlung von Morbus Parkinson im Mäusemodell. Aus Hautzellen von an Parkinson erkrankten Mäusen wurden Embryonen geklont, denen wiederum Stammzellen entnommen wurden, die zu spezifischen Nervenzellen ausdifferenziert werden konnten. Diese Nervenzellen wurden den erkrankten Mäusen injiziert, welche daraufhin keine Immunreaktionen, dafür jedoch eine signifikante Linderung ihrer Krankheitssymptome zeigten. Die Möglichkeit einer Übertragung der Ergebnisse dieses Tierversuchs auf den Menschen ist ungewiss.
Ebenfalls Anfang 2008 publizierte eine US-amerikanische Forschungsgruppe um Andrew French erstmals das erfolgreiche Klonen menschlicher Embryonen. Dabei wurde aus menschlichen adulten Hautzellen der Zellkern entfernt und in entkernte Eizellen übertragen. Die Forschenden verwendeten für das Experiment 29 Eizellen von drei 20- bis 24-jährigen Personen. Die im Rahmen von IVF-Behandlungen überzählig gewordenen Eizellen waren von den Personen freiwillig und unentgeltlich gespendet worden. Aus fünf der mit dem fremdem Erbgut bestückten Eizellen entwickelten sich Blastozysten, deren weitere Entwicklung von den Wissenschaftler*innen abgebrochen wurde. Bei einer der Blastozysten konnte die erfolgreiche Klonierung, also die genetische Identität von Stammzelllinien und Spendendenzelle, sicher nachgewiesen werden.
Im Mai 2013 gelang der Forschungsgruppe um Masahito Tachibana und Shoukhrat Mitalipov erstmalig die Gewinnung menschlicher embryonaler Stammzellen aus geklonten Embryonen. Die Wissenschaftler*innen hatten ebenfalls den Zellkern von adulten menschlichen Hautzellen in zuvor gespendete, entkernte Eizellen transferiert. Für die Studie wurden nur wenige Eizellen benötigt, da es den Forschenden mittels einer systematisch verbesserten Methode gelang, ein frühes Absterben der Embryonen zu verhindern. Nach einigen Zellteilungen wurden die Embryonen zerstört, um aus ihnen embryonale Stammzellen zu gewinnen.
Im April 2014 publizierten Robert Lanza von der Biotechfirma ACT und Dong Ryul Lee vom Stem Cell Institute in Seoul die erfolgreiche Etablierung von Stammzelllinien aus einem Klonverfahren mit differenzierten Zellen Erwachsener. Sie gewannen diese aus den Hautzellen zweier bereits 35 beziehungsweise 75 Jahre alten Personen. Somit konnte im Vergleich zum Vorjahr gezeigt werden, dass die Gewinnung von Stammzellen auch mit Zellmaterial möglich ist, das genetisch und biochemisch schon zahlreiche Veränderungen sowie mutmaßlich Schäden an der DNA aufweist.
Ein übergreifendes Ziel der Grundlagenforschung im Bereich des therapeutischen Klonens ist es, die geringe Effizienz der Technik des Zellkerntransfers sowie die Anzahl von iPS-Zellen, die durch eine Reprogrammierung gewonnenen werden können, zu erhöhen.
Die Erzeugung von Mensch-Tier-Hybriden bzw. Mensch-Tier-Chimären stellt einen ergänzenden Forschungsbereich dar. Das Verfahren der Eizellentnahme ist mit der Gabe hoher Hormondosen und Risiken bei der Eizellentnahme verbunden. Um die mit der Verwendung menschlicher Eizellen verbundenen Probleme zu umgehen, wird deshalb nach alternativen Eizellquellen gesucht. Anfang 2008 gab ein britisches Forschungsteam unter der Leitung des Stammzellforschers Lyle Armstrong an, erstmals Embryonen aus menschlichem Erbgut und Eizellen von Kühen erzeugt zu haben. Ziel der Versuche ist es unter anderem festzustellen, ob es möglich ist, tierische statt menschlicher Eizellen und Embryonen für die Kultivierung und Differenzierung von Stammzellen zu verwenden.
Versuche an Embryonen mit Zellen tierischen und menschlichen Ursprungs werden seitdem fortgeführt und vielfach kritisiert. Neuere Studien zielen nicht mehr auf die Verwendung tierischer Eizellen ab, sondern auf das Gewinnen menschlichen Gewebes, bestenfalls ganzer Organe aus tierischen Embryonen, in denen sich menschlichen Stammzellen in vivo weiterentwickeln sollen. Zuvor werden die tierischen Embryonen dahingehend genetisch verändert, dass in ihnen die genetische Sequenz, die für die Ausbildung bestimmter Organe zuständig ist, ‚deaktiviert’ wird. An ihrer Stelle integrieren sich die eingeführten menschlichen induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) und bilden bestenfalls das jeweilige Organ auf der Grundlage menschlicher Zellen aus.
In rechtlicher Hinsicht berührt die Herstellung geklonter menschlicher Embryonen zur Gewinnung embryonaler Stammzellen vor allem Fragen des Embryonenschutzes und Fragen hinsichtlich der Anwendung von Klonierungstechniken beim Menschen. Hinzu kommen schließlich Fragen des Patentrechts.
Dabei werden nicht allein nationale Regulierungen relevant; aufgrund der zunehmenden Internationalisierung der biowissenschaftlichen Forschung und Praxis sind hier auch internationale Regulierungen und Deklarationen zu berücksichtigen. Diese haben zum gegenwärtigen Zeitpunkt zwar selten rechtliche Bindungskraft, bieten aber häufig den Rahmen für die Rechtsentwicklung auf nationaler Ebene.
1. Internationale Regelungen
Weder auf der Ebene der Vereinten Nationen (UNO / UNESCO) noch auf gesamteuropäischer Ebene (Europarat / Europäische Union) existieren derzeit konkret verbindliche Regelungen zur Anwendung von Klonierungstechniken auf den Menschen. Dennoch gibt es auf beiden Ebenen einschlägige Stellungnahmen und Regelungen, die zwar rechtlich nicht verbindlich sind, jedoch empfehlenden Charakter haben.
UNO / UNESCO
Gemäß Art. 11 der Allgemeinen Erklärung über das menschliche Genom und Menschenrechte der UNESCO vom 11. November 1997 sind „Praktiken, die der Menschenwürde widersprechen, wie reproduktives Klonen von Menschen nicht erlaubt. Die Staaten und zuständigen internationalen Organisationen werden aufgefordert, gemeinsam daran zu arbeiten, derartige Praktiken zu benennen und auf nationaler oder internationaler Ebene die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Achtung der in dieser Erklärung niedergelegten Grundsätze sicherzustellen”. Die hier gewählte Formulierung lässt offen, wie die Anwendung von Klontechniken zu nicht-reproduktiven Zwecken, etwa dem mit dem Ziel der Gewinnung embryonaler Stammzellen, zu beurteilen ist.
Im Jahr 2003 war von Costa Rica ein Resolutionsentwurf mit der Forderung nach einem umfassenden Verbot aller Formen menschlichen Klonens, einschließlich des therapeutischen Klonens, in die Generalversammlung der UN eingebracht worden. Ein von Belgien ausgehender Gegenentwurf forderte die weltweite Ächtung des reproduktiven Klonens, sah jedoch vor, dass die Entscheidung bezüglich des Forschungs- bzw. therapeutischen Klonens den Einzelstaaten überlassen bleiben sollte. Trotz langwieriger Debatten war im November 2004 keiner der beiden Entwürfe mehrheitsfähig.
Auf der Grundlage der Empfehlung des Sechsten Ausschusses (Rechtsausschuss) vom 24. Februar 2005 verabschiedete die Vollversammlung der Vereinten Nationen im März 2005 schließlich die Erklärung zum Klonen von Menschen (Resolution 59/280). Sie enthält den Aufruf an alle UN Mitgliedsstaaten, einem vollständigen Verbot des Klonens von Menschen zuzustimmen, einschließlich einem Verbot des Klonens zu medizinischen Zwecken, d. h. des Forschungs- bzw. therapeutischen Klonens. Gemäß der Erklärung ist jegliches Klonen von Menschen unvereinbar mit dem Schutz der Menschenwürde und des menschlichen Lebens. Das Ergebnis der Abstimmung über die Resolution spiegelt die tiefe Spaltung zwischen Befürwortenden und gegnerischen Stimmen der Erklärung. Befürwortende sehen in ihr einen Meilenstein für den Schutz der Menschenwürde und Menschenrechte. Gegnerische Stimmen bemängelten die Kopplung des Verbots des reproduktiven Klonens mit dem Verbot des Klonens für medizinische Zwecke. Damit sei eine wichtige Gelegenheit verpasst worden, ein rechtlich bindendes Übereinkommen zu einem weltweiten Verbot des reproduktiven Klonens zu verabschieden. Die Resolution ist nicht bindend und hat lediglich empfehlenden Charakter. Vertretende der Regierungen, die gegen die Erklärung stimmten – unter ihnen Belgien, China und Großbritannien – machten deutlich, dass die Entscheidung keinen Einfluss auf ihre Haltung bezüglich des Forschungs- bzw. therapeutischen Klonens haben werde.
Europarat
Die einschlägige Passage im Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde vom 04. April 1997 lautet „die Erzeugung menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken ist verboten” (Art. 18 Abs. 2). Damit ist jegliche Art der Erzeugung gemeint, somit auch jene durch Embryonensplitting und Zellkerntransfer. Abs. 1 desselben Artikels erlaubt die Forschung an menschlichen Embryonen, soweit ein „angemessener Schutz des Embryos” im Rahmen der nationalen Gesetzgebung gewährleistet ist. Im Zusatzprotokoll über das Verbot des Klonens von menschlichen Lebewesen vom 12. Januar 1998 wird verboten, „ein menschliches Lebewesen (human being) zu erzeugen, das mit einem anderen lebenden oder toten menschlichen Lebewesen genetisch identisch ist”. Deutschland hat das Übereinkommen und das Zusatzprotokoll bislang nicht ratifiziert.
Europäische Union
Der Europarat verbietet in einem Zusatzprotokoll zum Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde im Hinblick auf die Anwendung von Biologie und Medizin über das Verbot des Klonens von menschlichen Lebewesen in Artikel 1 Abs. 1 „jede Intervention, die darauf abzielt, ein menschliches Lebewesen (‚human being’) zu erzeugen, das mit einem anderen lebenden oder toten menschlichen Lebewesen genetisch identisch ist”. Gemäß der in Artikel 1 Abs. 2 vorgenommenen Begriffsbestimmung bedeutet „der Ausdruck ‚menschliches Lebewesen’ (‚human being’), das mit einem anderen menschlichen Lebewesen genetisch identisch ist' ein menschliches Lebewesen, das mit einem anderen menschlichen Lebewesen dasselbe Kerngenom gemeinsam hat”.
Das Europäische Parlament bekräftigt in seiner Entschließung zum Klonen von Menschen vom 15. Januar 1998, „dass das Klonen von Menschen verboten sein muss”. Weiterhin fordert es „die Mitgliedstaaten des Europarates auf, das Übereinkommen des Europarates über die Menschenrechte und die Biomedizin und sein Zusatzprotokoll zum Verbot des Klonens von Menschen zu unterzeichnen und zu ratifizieren”. In einer weiteren Entschließung zum Klonen von Menschen vom 7. September 2000 vertritt das Parlament die Ansicht, „dass das ‚therapeutische Klonen’, das die Produktion menschlicher Embryonen allein zu Forschungszwecken impliziert, ein grundlegendes ethisches Dilemma aufwirft, eine nicht wieder rückgängig zu machende Grenzüberschreitung der Forschungsnormen darstellt und der öffentlich vertretenen Politik der Europäischen Union widerspricht”.
Entschließungen des europäischen Parlaments haben keine rechtliche Bindungswirkung, nehmen jedoch üblicherweise prägenden Einfluss auf die zukünftige Rechtsetzung und Rechtsprechung der Europäischen Union.
Die am 7. Dezember 2000 von Parlament, Rat und Kommission proklamierte Charta der Grundrechte der Europäischen Union verbietet in Artikel 3 Abs. 2 das reproduktive Klonen. In den Erläuterungen des Konvents heißt es hierzu: „Die Charta [...] verbietet [...] lediglich das reproduktive Klonen. Die anderen Formen des Klonens werden von der Charta weder gestattet noch verboten. Sie hindert den Gesetzgeber also keineswegs daran, auch die anderen Formen des Klonens zu verbieten”. Die Charta nimmt somit gegenüber der Gewinnung von humanen embryonalen Stammzellen durch das „therapeutische Klonen” eine neutrale Position ein.
2. Ausgewählte einzelstaatliche Regelungen
Australien
In Australien ist die biopolitisch relevante Rechtslage durch ein Spannungsverhältnis zwischen der Gesetzgebung des Commonwealth und der Bundesstaatsebene einerseits, der Einzelstaaten und Territorien andererseits gekennzeichnet. Bis 2002 verboten der Research Involving Human Embryos Act 2002 und der Prohibition of Human Cloning for Reproduction Act 2002 die Herstellung eines Embryos, der die DNA von mehr als zwei Personen enthält, und die Weiterentwicklung von Embryonen in vitro über den 14. Tag nach der Befruchtung hinaus. Zudem durfte allein an Stammzellen geforscht werden, die aus „überzähligen” Embryonen und vor dem Jahr 2002 gewonnen worden waren. Im Jahr 2006 trat auf Bundesebene der Prohibition of Human Cloning for Reproduction and the Regulation of Human Embryo Research Amendment Act in Kraft. Im Jahr 2008 wurde das Gesetz überarbeitet und bestätigt. Dem aktuellen Recht zufolge bleibt das reproduktive Klonen in Australien weiterhin verboten, die Bundesstaaten können jedoch nun darüber entscheiden, ob sie das Klonen zu Forschungs- oder therapeutischen Zwecken gestatten. Erlaubt ist das Forschungsklonen u. a. in Victoria, New South Wales, Tasmanien, Queensland, der Region Süd Australien und im Australischen Hauptstadtterritorium.
Belgien
In Belgien regelt vor allem das Gesetz über die Forschung an Embryonen in vitro vom 11. Mai 2003 Fragen der Stammzellforschung und des Klonens. Das reproduktive Klonen ist strikt verboten, im Prinzip ebenso das Klonen zu Forschungszwecken. Allerdings wird die Forschung an Embryonen in vitro innerhalb der ersten 14. Tage der Embryonalentwicklung erlaubt, wenn mit dieser Forschung langfristig ein therapeutischer Nutzen erzielt werden kann. In diesem Fall dürfen Embryonen zu Forschungszwecken auch künstlich erzeugt werden, wenn die Forschungsziele mit Stammzellen aus so genannten überzähligen Embryonen allein nicht erreicht werden können.
Dänemark
Wichtige Rechtsquellen zum Forschungsklonen sind in Dänemark das Gesetz Nr. 460 vom 10. Juni 1997, die Verordnung Nr. 728 vom 17. September 1997 sowie der Gesetzestext Nr. 923 vom 04.09.2006, der alle vorgenommenen Änderungen der Rechtslage aufführt. Sie sehen die Durchführung biomedizinischer Versuche an befruchteten Eizellen nur zur Verbesserung der medizinisch assistierten Fortpflanzung, von Techniken zur Erkennung schwerer Erbkrankheiten oder zu Zwecken neuer wissenschaftlicher Erkenntnis zur Behandlung von menschlichen Krankheiten vor. Krankheiten dieses Spektrums, wie beispielsweise Parkinson, Herzkrankheiten oder bestimmte Arten von Zuckerkrankheiten, sollen mit Stammzelltherapie behandelt werden. Die hierzu verwendeten befruchteten Eizellen dürfen außerhalb des Uterus bis maximal 14 Tage nach der Befruchtung am Leben gehalten werden (Kryokonservierung ausgenommen). Das reproduktive Klonen wie auch Experimente, die ebendieses ermöglichen sollen, sind verboten. Inwieweit dieses Verbot auch das Forschungsklonen erfasst, erörtert der im Auftrag des Folketings (Parlament) arbeitende dänische nationale Ethikrat (Det Etiske Raad/The Danish Council on Ethics) in seiner Stellungnahme zum Klonen von Menschen von 2001. In der Stellungnahme spricht er sich u. a. gegen das therapeutische Klonen aus, da es die Gefahr eines möglichen Dammbruchs hin zum reproduktiven Klonen berge. Der Rat empfiehlt auch nach einer Stellungnahme von 2010 die Forschung an und mit embryonalen Stammzellen auf diejenigen aus „überzähligen” Embryonen aus der künstlichen Befruchtung zu beschränken.
Deutschland
In Deutschland sind für die Gewinnung von menschlichen Embryonalen Stammzellen (ES-Zellen) sowie das wissenschaftliche Arbeiten an und mit diesen das Embryonenschutzgesetz und das Stammzellgesetz maßgeblich. Das Embryonenschutzgesetz (ESchG) von 1991 verbietet die Herstellung oder Verwendung von Embryonen zu einem anderen Zweck als dem, eine Schwangerschaft herbeizuführen. Ferner wird jede Manipulation an einem extrakorporal erzeugten Embryo verboten, die nicht seiner Erhaltung dient. Damit wird jede Gewinnung und Erforschung von Embryonen, die nicht der Erhaltung des Embryos dient, verboten. In § 6 Abs. 1 heißt es außerdem: „Wer künstlich bewirkt, dass ein menschlicher Embryo mit der gleichen Erbinformation wie ein anderer Embryo, ein Foetus, ein Mensch oder ein Verstorbener entsteht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.” Damit ist das Verfahren des Forschungsklonens bzw. therapeutischen Klonens nach Zellkerntransfer rechtlich grundsätzlich ausgeschlossen. Allerdings besteht ein juristischer Streit darüber, wie der Begriff „gleich” in der Formulierung „mit der gleichen Erbinformation” auszulegen ist. Je nach Auslegung könnte das Klonverbot des § 6 ESchG nicht alle Klonierungstechniken erfassen und somit bestimmte Verfahren des Klonens zulassen. Versteht man das „gleich” in dieser Formulierung im Sinne von „identisch”, fällt der durch Zellkerntransfer geklonte Embryo nicht unter § 6 Abs. 1 ESchG. Die Erbinformation des auf diese Weise geklonten Embryos ist nämlich nicht völlig identisch mit der Erbinformation der zellkernspendenden Person, da ein minimaler Anteil von fremder Mitochondrien-DNA, die aus der gespendeten Eizelle stammt, ebenfalls an den Embryo weitergegeben wird. Da die mitochondriale DNA jedoch nur 0,01 bis 0,02 Prozent des Gesamtgenoms ausmacht, plädieren viele Autor*innen dafür, aus quantitativen Gründen dennoch von der gleichen Erbinformation zu sprechen – „gleich” also im Sinne von „vergleichbar” auszulegen. Auch in dem sogenannten Klonbericht der Bundesregierung von 1998 wird abschließend dargelegt, dass sich § 6 Abs. 1 ESchG ebenso auf Techniken wie den Zellkerntransfer erstreckt.
Die faktische Gültigkeit des ESchG ist rechtlich unumstritten, kontrovers diskutiert wird aber seit geraumer Zeit, ob es mit anderen Gesetzen und grundgesetzlichen Bestimmungen kompatibel ist. Umstritten sind dabei unter anderem Fragen der Auslegung des Deutschen Grundgesetzes, nämlich verfassungsrechtliche Fragen bezüglich des Einsetzens der uneingeschränkten Schutzwürdigkeit des menschlichen Embryos ab dem Moment der Zellkernverschmelzung. Das Bundesverfassungsgericht hat sich zu der Frage der Reichweite der Menschenwürde und des Lebensschutzes beim ungeborenen Leben bisher zweimal im Zusammenhang mit der Rechtsprechung beim Schwangerschaftsabbruch geäußert. In seinem ersten Urteil zum Schwangerschaftsabbruch vom 25. Februar 1975 stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass sich das in Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz formulierte Grundrecht auf Leben auch auf das ungeborene Leben beziehe und Leben „jedenfalls vom 14. Tage nach der Empfängnis (Nidation, Individuation) an” bestehe. Ob das Grundrecht auf Leben dem Embryo auch schon vor dem 14. Tag nach der Empfängnis zukommt, ist mit dieser Formulierung offengelassen. Im zweiten Urteil vom 28. Mai 1993 wird zwar konstatiert, dass Menschenwürde „schon dem ungeborenen menschlichen Leben” zukomme; das Gericht hat es aber ausdrücklich unentschieden gelassen, „ob, wie es Erkenntnisse der medizinischen Anthropologie nahelegen, menschliches Leben bereits mit der Verschmelzung von Ei und Samenzelle entsteht”. Verfahrensgegenstand waren Vorschriften zum Schwangerschaftsabbruch. Entscheidungsrelevant war deshalb nur der Zeitraum der Schwangerschaft, der „nach den [...] Bestimmungen des Strafgesetzbuches vom Abschluß der Einnistung des befruchteten Eies in die Gebärmutter [...] bis zum Beginn der Geburt” reicht.
Ob der menschliche Embryo bereits „vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an” oder erst ab einem späteren Zeitpunkt seiner Entwicklung zu schützen ist, gilt gegenwärtig entsprechend der unterschiedlichen Schutzbestimmungen für den Embryo in vitro und den Embryo in vivo als nicht hinreichend geklärt. Über eine mögliche Änderung des Embryonenschutzgesetzes wird seit geraumer Zeit in Wissenschaft und Öffentlichkeit diskutiert.
Das Embryonenschutzgesetz von 1991 enthält keine Bestimmungen für die Forschung an solchen ES-Zellen, die unter anderen gesetzlichen Bedingungen im Ausland verfügbar geworden sind. Seit dem Jahr 2002 werden der Import und die Verwendung menschlicher embryonaler Stammzellen zu Forschungszwecken durch das Stammzellgesetz (StZG) geregelt. Bereits vor der Verabschiedung des StZG hatten sich eine Reihe einschlägiger Institutionen, wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Enquete-Kommission Recht und Ethik der modernen Medizin des Deutschen Bundestags der 14. Wahlperiode, der Nationale Ethikrat u. a. in Form von Stellungnahmen, intensiv mit der Thematik befasst.
Dem im Juli 2002 in Kraft getretenen und im Jahr 2008 teilweise revidierten StZG zufolge, sind die Einfuhr und die Verwendung von embryonalen Stammzellen generell verboten und nur unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Von den generellen Import- und Forschungsverboten ausgenommen werden Stammzellen, die unter anderem vor dem als Stichtag geltenden 1. Mai 2007 (in der ursprünglichen Fassung galt der 01. Januar 2002 als Stichtag) und im Rahmen von IVF-Behandlungen überzählig gewordenen Embryonen gewonnen worden sind. Auch mit dem StZG ist die Debatte in Deutschland nicht zu einem Ende gekommen.
Weitere Informationen zu den gegenwärtigen Bestimmungen der Stammzellforschung in Deutschland finden sich im Blickpunkt „Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen”.
Frankreich
In Frankreich wird das Forschungsklonen seit 1994 durch das Gesetzbuch zur öffentlichen Gesundheit (Code de la santé publique) geregelt. Die darin enthaltenen Regelungen wurden mehrfach durch Bioethik-Gesetze (Lois relatives à la bioéthique) ergänzt.
Seitdem sind in Frankreich die Herstellung von Embryonen für Forschungszwecke sowie die verbrauchende Embryonenforschung wie auch das Klonen zu Forschungszwecken und zu reproduktiven Zwecken verboten. Mit dem Gesetz 2011-814 vom 7. Juli 2011 zur Bioethik änderte sich die Gesetzgebung dahingehend, dass unter bestimmten Bedingungen die Forschung an Embryonen und embryonalen Stammzellen zulässig ist. Unter anderem dürfen unter weiteren Auflagen seither „überzählige” Embryonen für Forschungszwecke verwendet werden, die aus einer in vitro Befruchtung hervorgegangen sind und die nicht mehr für eine Elternschaft vorgesehen sind. Das Verbot des reproduktiven Klonens sowie des Forschungsklonens bleibt unter den bisher erlassenen Bioethik-Gesetzen weiter bestehen. Weitere Informationen zur Regelung der Stammzellforschung in Frankreich findet sich im Blickpunkt „Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen”.
Großbritannien
Mit dem Human Fertilisation and Embryology Act von 1990 gestattet die britische gesetzgebende Kraft sowohl die Gewinnung von Stammzellen aus „überzähligen” Embryonen, die im Rahmen von IVF-Behandlungen verfügbar geworden sind, als auch die Herstellung von Embryonen für Forschungszwecke. Die britische Gesetzgebung gilt damit als eine der freizügigsten in Europa. Allerdings wird bei dieser Darstellung häufig übersehen, dass die gesetzliche Erlaubnis der Forschung an Embryonen bis zum 14. Tag der Embryonalentwicklung beschränkt und darüber hinaus an strikt überwachte Regularien und gesetzlich vorgegebene Forschungszwecke gebunden ist. Die Einhaltung dieser Bestimmungen wird durch die staatliche Human Fertilisation and Embryology Authority (HFEA) überwacht.
Die vom britischen Unterhaus am 19. Dezember 2000 und vom britischen Oberhaus am 22. Januar 2001 beschlossene Novellierung des Human Fertilisation and Embryology Act durch die Human Fertilisation and Embryology (Research Purposes) Regulations 2001 (Statutory Instrument 2001 No. 188) sieht seitdem außerdem vor, dass jede Form von Forschung an menschlichen Embryonen der Kontrolle durch die HFEA unterliegt und die Herstellung von Embryonen, sei es durch IVF oder durch Forschungsklonen, nicht ohne deren Lizenz möglich ist. Bis 2001 war die Forschung an die folgenden Zielsetzungen gebunden:
- Verbesserung der Methoden zur IVF
- Erkenntnisgewinn über die Ursachen von Fehlgeburten
- Erkenntnisgewinn über die Ursachen von erblichen Krankheiten
- Entwicklung sicherer Verhütungsmethoden
- Entwicklung von Methoden, die zur Entdeckung von genetischen oder chromosomalen Anomalien einer befruchteten Eizelle vor der Implantation beitragen (Präimplantationsdiagnostik, PID)
Mit der Gesetzesnovelle von 2001 wurden drei weitere Forschungsziele als Bedingung für eine Lizenzvergabe hinzugefügt:
- Erkenntnisgewinn zur Entwicklung von Embryonen
- Erkenntnisgewinn zu schwerwiegenden Krankheiten
- Transfer neuer Erkenntnisse in die Therapieforschung für schwerwiegende Krankheiten
Das Klonen zu Fortpflanzungszwecken ist in Großbritannien durch den Human Reproductive Cloning Act von 2001 verboten. Gesetzesübertretungen werden mit Gefängnisstrafen von bis zu 10 Jahren geahndet. Seit 2008 ist mit der Revision des Human Fertilisation and Embryology Act durch den Human Tissues and Embryos Bill die Forschung an Mensch-Tier-Mischwesen sowie deren Erzeugung in Großbritannien unter strengen Auflagen zulässig.
Niederlande
Der im September 2002 in Kraft getretene Embryo Act verbietet die Herstellung von Embryonen zum Zwecke der Forschung und damit auch das Klonen zu Forschungszwecken. Gestattet ist allein die Forschung an „überzähligen” Embryonen aus IVF-Behandlungen. Entsprechende Forschungsanträge werden durch das Central Committee for Research Involving Human Subjects (CCMO) nach Maßgabe eines Regierungsmemorandums von 1995 geprüft. Gemäß diesem Memorandum ist die Forschung an bereits existierenden humanen embryonalen Stammzelllinien zulässig. Unabhängig davon ist die Gewinnung von Stammzellen aus so genannten überzähligen Embryonen während der ersten 14 Tage der Embryonalentwicklung gestattet, insofern die Spendenden eingewilligt haben.
Schweiz
In der Schweiz ist jede Art der Klonierung des Menschen, also sowohl zum Zwecke der Reproduktion als auch zur Gewinnung humaner embryonaler Stammzellen zu Forschungszwecken, verboten. Grundsätzlich ist der Verfassungsartikel über Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie im Humanbereich in Fragen des Klonens einschlägig. In Artikel 119, Absatz 2 der Bundesverfassung findet sich die folgende Bestimmung: „Alle Arten des Klonens und Eingriffe in das Erbgut menschlicher Keimzellen und Embryonen sind unzulässig.” Dennoch dürfen unter bestimmten Bedingungen Stammzellen zu Forschungszwecken aus so genannten überzähligen Embryonen gewonnen oder importiert werden. Das Stammzellforschungsgesetz regelt die Auflagen, unter denen in der Schweiz an humanen embryonalen Stammzellen geforscht werden darf. Expliziert wird dieses Gesetz durch die Stammzellforschungsverordnung. Beide sind am 1. März 2005 in Kraft getreten.
(Siehe auch: Blickpunkt „Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen”)
USA
Die Klonierungsfragen betreffende Gesetzgebungskompetenz liegt in den USA im Wesentlichen bei den Einzelstaaten. Nicht alle weisen eine explizite einzelstaatliche Regelung des therapeutischen Klonens per Gesetz vor. Darüber hinaus unterscheidet sich die gesetzliche Regelung der Einzelstaaten im Hinblick auf die Gewinnung und die Verwendung humaner embryonaler Stammzellen. Explizit gesetzlich geregelt ist das Klonen menschlicher Embryonen z. B. in dem Bundesstaat Kalifornien, in dem das therapeutische Klonen zulässig ist, und in dem Bundesstaat North Dakota, in dem das therapeutische Klonen verboten ist.
Auf Bundesebene ist lediglich die Vergabe staatlicher Forschungsgelder geregelt. Bis August 2000 gab es keine staatliche Unterstützung der Forschung an menschlichen Embryonen. Und auch nach der von dem damaligen US-Präsidenten Clinton unterstützten Einführung eines Programms zur Forschung an embryonalen Stammzellen durch die National Institutes of Health (NIH) wurden zwar Forschungsvorhaben mit bereits etablierten Stammzelllinien finanziell gefördert, allerdings nur, soweit diese Stammzellen aus „überzähligen” IVF-Embryonen stammen und mit dem informierten Einverständnis der Spendenden gewonnen wurden. Forschungsprojekte zur Gewinnung von Stammzellen aus Embryonen waren weiter von der staatlichen finanziellen Förderung ausgenommen. Diese Bestimmungen wurden nach dem Regierungswechsel weiter verschärft. Unter der Regierung George W. Bush sah das Recht in den USA zwar weiterhin kein Verbot der Entnahme von Stammzellen aus menschlichen Embryonen im privaten Forschungssektor vor. Jedoch wurde die staatliche Finanzierung der Forschung an menschlichen embryonalen Stammzellen auf die Forschung an vor August 2001 gewonnene Stammzelllinien beschränkt.
Kurz nach seiner Amtsübernahme setzte der damalige US-Präsident Barack Obama im Frühjahr 2009 die Beschränkung der staatlichen finanziellen Förderung auf Forschung mit älteren Stammzelllinien mit der Executive Order 13505: Removing Barriers to Responsible Scientific Research Involving Human Stem Cells außer Kraft. Der damit eingeleitete Kurswechsel der amerikanischen Biopolitik löste heftige politische Kontroversen aus, in der vor allem auch Mitglieder des von Ex-Präsident Bush berufenen Bioethik-Rates, die für die restriktivere Stammzellforschungs-Politik verantwortlich waren, Stellung bezogen. Obama löste den Rat im Juni 2009 auf und beauftragte die National Institutes of Health (NIH) mit der Entwicklung von Richtlinien für die Vergabe von Forschungsmitteln. Am 7. Juli 2009 traten die auf der Grundlage der Empfehlungen des NIH entwickelten „2009 Guidelines on Human Stem Cell Research” in Kraft. Sie sehen die Möglichkeit einer Förderung von Stammzellforschung mit öffentlichen Mitteln unabhängig vom Entstehungsdatum der Stammzelllinien vor, schränken die Mittelvergabe allerdings erneut dahingehend ein, dass die verwendeten Stammzelllinen aus „überzähligen” IVF-Embryonen gewonnen worden sein müssen und die informierte Einwilligung der Spendenden vorliegt.
2019 wurde die Förderung der Forschung mit embryonalen Stammzellen mit öffentlichen Mitteln unter der Präsidentschaft von Donald Trump u. a. dadurch eingeschränkt, dass Wissenschaftler*innen, die am NIH angestellt waren, keine Forschung an humanem fetalem Gewebe durchführen durften, das von freiwilligen Abtreibungen stammt. Ergänzend wurde in das NIH-Genehmigungsverfahren zur Forschungsförderung eine von dem US-Gesundheitsministerium (Department of Health and Human Services) zu besetzende Ethikkommission (The Human Fetal Tissue Research Ethics Advisory Board) eingeführt, die Anträge gesondert beurteilte. Die Arbeit dieser Ethikkommission wurde im September 2020 eingestellt. Weiterhin wurden 2021 unter der Präsidentschaft von Joe Biden die unter der Präsidentschaft von Donald Trump eingesetzten Einschränkungen der öffentlichen Förderung von Stammzellforschung wieder aufgehoben. Die übrigen Anforderungen an Forschungsprojekte zu embryonalen Stammzellen und deren Finanzierung bleiben bestehen.
Forschungsvorhaben, innerhalb derer menschliche Embryonen zu Forschungszwecken erzeugt werden, und damit auch Forschung, die das Klonen menschlicher Embryonen umfasst, sind von einer öffentlichen Forschungsförderung weiterhin ausgenommen.
Einen Überblick über die Rechtslage in verschiedenen Ländern (Stand November 2007) bietet der DRZE- Sachstandsbericht „Präimplantationsdiagnostik, Embryonenforschung, Klonen - Ein vergleichender Überblick zur Rechtslage in ausgewählten Ländern”.
Die Frage, ob die Erzeugung menschlicher Embryonen durch Zellkerntransfer zum Zweck der Gewinnung menschlicher embryonaler Stammzellen legitim sei, löst sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene Kontroversen aus. Beiträge hierzu äußern Personen, die teils aus verschiedenen wissenschaftlich relevanten Disziplinen, teils aus der Politik, teils aus der Öffentlichkeit und den Medien kommen.
Gestritten wird dabei weniger über die Legitimität der in Anspruch genommenen Ziele. Die Absicht, immunverträgliche Transplantate herzustellen und die hierfür erforderlichen Differenzierungs- und Reprogrammierungsmechanismen menschlicher Zellen zu erforschen, wird gemeinhin als moralisch hochrangiges Forschungsziel anerkannt. Strittig ist vielmehr, ob die Mittel zur Erreichung dieser Ziele, also das Klonen menschlicher Zellen, akzeptabel und entsprechend rechtlich wie moralisch erlaubt – oder gar geboten – sind.
Das therapeutische Klonen bzw. Forschungsklonen zählt zu dem Bereich der verbrauchenden Embryonenforschung, d. h. es impliziert die Vernichtung menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken. Dieses bereits in der allgemeinen Stammzellforschungsdebatte relevante Problem wird in der Debatte um das Forschungsklonen dadurch verschärft, dass die Embryonen eigens zum Zweck der Forschung erzeugt werden müssen, es also nicht wie bei der Stammzellforschung möglich ist, auf bereits existierende, nicht transferierbare IVF-Embryonen zurückzugreifen. Kritische Stimmen gegenüber dem Forschungsklonens sehen hierin eine besonders drastische Form der Instrumentalisierung menschlicher Embryonen. Diese wird von vielen auch dann abgelehnt, wenn das Forschungsklonen längerfristig die Herstellung von immunverträglichen Transplantaten ohne den Rückgriff auf Embryonen ermöglichen sollte.
In diesem Sinne wird gegen das Klonen zu Forschungszwecken eingewandt, dass sich auch ein durch Kerntransfer erzeugter Embryo prinzipiell zu einem vollständigen Organismus entwickeln könne. Er sei daher dem auf herkömmliche Weise erzeugten Embryo hinsichtlich seiner Schutzwürdigkeit gleichgestellt. In der ethischen Diskussion wird in diesem Zusammenhang auf verschiedene, auch in der Debatte um die Forschung an menschlichen IVF-Embryonen und der Debatte um die Zulässigkeit der Präimplantationsdiagnostik einschlägige Argumente verwiesen: das Argument der Spezieszugehörigkeit, das Kontinuitätsargument, das Identitätsargument sowie das Potentialitätsargument.
Das Argument der Spezieszugehörigkeit basiert auf der Prämisse, dass jedem menschlichen Wesen bereits aufgrund der bloßen Zugehörigkeit zur Gattung 'Mensch' derselbe moralische Status, bzw. dasselbe Recht auf Anerkennung seiner Würde zuzuerkennen sei. Eine Kopplung des Schutz- oder Würdeanspruchs an die Ausprägung spezifischer menschlicher Eigenschaften, wie etwa bestimmter physischer Merkmale oder Bewusstseinsmerkmale wird ausdrücklich abgelehnt. Insofern der klonierte menschliche Embryo der menschlichen Gattung angehöre, sei auch er entsprechend schutzwürdig, so der Schluss der Vertretenden dieses Arguments.
Im Rahmen des Kontinuitätsargumentes wird darauf verwiesen, dass die Entwicklung eines Embryos zum geborenen Menschen so kontinuierlich verlaufe, dass man auf keine markanten Einschnitte verweisen könne, die eine Änderung des moralischen Status des menschlichen Embryos zu einem bestimmten Zeitpunkt seiner Entwicklung rechtfertigbar machten. Daher sei der moralische Status des frühen menschlichen Embryos nicht graduell zu bemessen. Ohne die Möglichkeit einer solchen Graduation aber müsse der moralische Status des Embryos zwangsläufig als dem von erwachsenen Personen äquivalent erachtet werden.
Das Identitätsargument hebt darauf ab, dass ein Lebewesen zu jedem Zeitpunkt seiner Entwicklung mit sich selbst prinzipiell identisch bleibe. Über die Zeit hinweg sei ein Mensch in seiner Identität nicht verschieden von dem Embryo, aus dem er sich entwickelt hat. Auch dieser Argumentationsansatz läuft darauf hinaus, dass dem menschlichen Embryo derselbe moralische Status, bzw. Würdeanspruch zugeschrieben wird, wie weiter entwickelten Föten oder geborenen Menschen.
Das Potentialitätsargument lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass der moralische Status des Embryos an seinem Vermögen bemessen wird, sich zu einem menschlichen Subjekt zu entwickeln. Es wird darauf verwiesen, dass ungeborene oder auch bewusstlose Menschen, obwohl sie faktisch noch nicht, nicht aktuell oder nicht mehr über Bewusstsein verfügen oder gar autonom handeln können, dennoch als potentiell bewusste und autonome Subjekte gelten. Ihnen komme, so eine Variante dieses Argumentationsansatzes, daher Würde zu. Als potentielles Subjekt der berechtigten Zuschreibung von Würde sei entsprechend auch der Embryo in seiner potentiellen Entwicklungsfähigkeit zu schützen.
Gegen Argumente, die auf die Spezieszugehörigkeit, Kontinuität, Identität oder die Potentialität verweisen, wird vorgebracht, dass es durchaus ethisch angemessene Unterscheidungsmerkmale zwischen frühen Embryonen, Föten und geborenen Menschen gebe.
Identitäts- oder Kontinuitätsargumente werden in der Debatte vor allem unter Hinweis auf die verschiedenen Stufen der Embryonalentwicklung kritisiert. Argumente, die auf die Identität des Embryos und der sich aus ihm entwickelnden Person abheben, werden in diesem Sinne dahingehend kritisiert, dass die Identität des Embryos in einem frühen Entwicklungsstadium keineswegs so eindeutig bestimmbar sei, wie behauptet. Erst ab der Ausprägung des Primitivstreifens, und damit zu einem späteren als dem für die Forschung relevanten Zeitpunkt der Embryonalentwicklung, sei eine Mehrlingsbildung ausgeschlossen und damit auch die (numerische) Identität des Embryos gesichert. In dem für Forschungsvorhaben relevanten Entwicklungsstadium verfüge der Embryo zudem auch nicht über die neuronalen Voraussetzungen, Schmerzen zu empfinden, Bewusstsein oder Interessen zu haben – dergleichen Fähigkeiten seien jedoch für die Zuschreibung umfassender Schutzansprüche zentral. In diesem Kontext werden v. a. auch Argumente kritisiert, die einen umfassenden Schutzanspruch mit dem Hinweis darauf begründen, dass der menschliche Embryo der Spezies Mensch angehöre. Ohne Bezugnahme auf eine zu erwartende oder eine vormals bestehende Ausprägung typisch menschlicher Fähigkeiten seien Forderungen nach einem umfassenden Schutz menschlicher Embryonen, die allein auf dessen Zugehörigkeit zur menschlichen Spezies verweisen, nicht hinreichend begründet. Das Argument der Spezieszugehörigkeit gewinne seine Kraft erst aus der Tatsache, dass Angehörige der Spezies Mensch üblicherweise bestimmte Merkmale aufweisen. Deren Ausprägung werde aber im Falle von zu Forschungszwecken geklonten Embryonen von vorneherein ausgeschlossen.
Entsprechend legitimiere auch das Potentialitätsargument, das darauf abhebt, dass sich der Embryo in ein über Bewusstsein verfügendes Subjekt entwickeln kann, allenfalls umfassende Schutzansprüche für solche Embryonen, bei denen dieses Potential auch aktualisiert werde. Da Klonembryonen jedoch zu Forschungszwecken erzeugt und nicht in einen Uterus transferiert und ausgetragen würden, seien Potentialitätsargumente (mindestens) mit Blick auf sie nicht stichhaltig. Gelegentlich wird in diesem Zusammenhang zudem darauf verwiesen, dass es sich bei dem durch Kerntransfer erzeugten Embryo nicht um einen Embryo im herkömmlichen Sinne handle. Dem durch Kerntransfer erzeugten Embryo komme im Zweifelsfall nicht dieselbe Schutzwürdigkeit zu, wie einem auf herkömmliche Weise, d. h. durch die Verschmelzung der Kerne zweier Keimzellen, erzeugten Embryo. Das Potentialitätsargument könnte zudem jedoch, so wird aktuell diskutiert, angesichts der durch aktuelle Forschungsergebnisse angeregten Infragestellung des Totipotenzbegriffs unter Druck geraten.
Neben diesen auf den moralischen Status des menschlichen Embryos rekurrierenden Argumenten spielen in der Debatte vor allem so genannte Dammbruchargumente eine wichtige Rolle. Kritisierende des Forschungsklonens verweisen auf die technischen Gemeinsamkeiten des therapeutischen und des reproduktiven Klonens. Sie gehen davon aus, dass durch den Einsatz der Klonierungstechnik zu Forschungszwecken, einem Missbrauch der Technik in Form ihres Einsatzes zu reproduktiven Zwecken, die Tür geöffnet werde. Das Bild des brechenden Damms steht dabei für die Unaufhaltbarkeit bestimmter Entwicklungen bereits bei geringfügiger Öffnung bestehender Schutzwälle.
Die Reproduktion durch Klonierung wird sowohl von Befürwortenden als auch von gegnerischen Stimmen des Forschungsklonens gemeinhin abgelehnt. Die Gründe hierfür reichen von Bedenken hinsichtlich der medizinischen Sicherheit des Verfahrens bis hin zu Verweisen auf den Anspruch eines jeden Menschen auf Individualität.
Gegen sogenannte Dammbruchargumente wird mit dem Verweis darauf argumentiert, dass das „therapeutische Klonen” hinreichend eindeutig von dem reproduktiven Klonen zu unterscheiden sei. Im Unterschied zum reproduktiven Klonen ziele das „therapeutische Klonen” nicht darauf, dass der klontechnisch erzeugte Embryo sich zu einem vollständigen Organismus entwickle. Er werde auch nicht in einen Uterus transferiert. Vielmehr werde er lediglich mit dem Ziel der Stammzellgewinnung erzeugt und seine Entwicklung im Moment der Stammzellgewinnung abgebrochen.
Ein weiterer Einwand gegen das Forschungsklonen besteht in dem Hinweis darauf, dass die Entwicklung, und gegebenenfalls auch der Einsatz der Technik in der medizinischen Praxis die Verfügbarkeit einer beträchtlichen Anzahl an Eizellen erfordert. Die Nutzung menschlicher Eizellen nach Eizellspende wird als ethisch problematisch erachtet, weil einerseits die hierzu erforderliche hormonelle Stimulation und die Punktion mit Risiken und nicht unerheblichen Unannehmlichkeiten verbunden sind, während andererseits befürchtet wird, dass eizellspendefähige Personen unter Druck geraten könnten, ihre Eizellen zu fremdnützigen Zwecken zu spenden. Eine alternative Verwendung tierischer Eizellen wird als ethisch problematisch erachtet, weil auf diese Weise ein erster Schritt in Richtung der Bildung von Chimären bzw. Mensch-Tier-Hybriden gemacht werde, der neben Bedenken hinsichtlich der medizinischen Sicherheit für den Fall einer Anwendung in der medizinischen Praxis auch Bedenken hinsichtlich der strikten Aufrechterhaltung der Speziesgrenzen auslöst.
Ethische Fragen werfen diese Versuche mit Mensch-Tier-Hybriden und -Chimären etwa mit Blick auf das oben dargestellte Speziesargument (wären Mensch-Tier-Hybride der Gattung ‚Mensch‘ zuzuordnen?) oder auch bezüglich Moraltheorien auf, die Schutz- oder Würdeansprüche an die Ausprägung spezifischer menschlicher Eigenschaften anlehnen. Mensch-Tier-Chimären könnten einzelne dieser spezifischen Eigenschaften wie etwa physische Merkmale oder Bewusstseinsmerkmale ausprägen und damit die Frage nach ihrem moralischen Status aufwerfen.
Dem Einwand, dass die Notwendigkeit von Eizellspenden einen nicht unerheblichen Druck auf potenzielle Spendende zur Folge haben könne, wird in der Diskussion vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Einzelne Autor*innen verweisen darauf, dass die Spendepraxis in anderen medizinischen Bereichen keine entsprechenden Effekte gezeigt habe, so dass bei entsprechenden Vorkehrungen in der Praxis auch im Bereich der Eizellspende nicht von einem inakzeptablen Druck auf spendefähige Personen auszugehen sei.
Von Bedeutung für eine ethische Beurteilung des Forschungsklonens ist schließlich die Frage, ob das Verfahren zur Erreichung der Ziele notwendig ist und ob die mit ihm verfolgten therapeutischen Konzepte grundsätzlich valide sind. Es ist umstritten, ob die für die Entwicklung immunverträglicher Transplantate erforderliche Stammzellforschung notwendig an die Erzeugung menschlicher Embryonen durch Kerntransfer gebunden ist oder ob z. B. Stammzellen aus Nabelschnurblut oder andere nicht-embryonale Stammzellen Alternativen bieten. In diesem Kontext wird gelegentlich auch eine verstärkte vorgängige Absicherung der therapeutischen Effektivität und Effizienz des Verfahrens im Tiermodell gefordert.