Organtransplantation
Stand: September 2022
Ansprechpartner: Marius Bartmann
Als Transplantation wird in der Medizin die Verpflanzung (lat. transplantare = verpflanzen) von Organen, Körperteilen, Geweben und Zellen zu therapeutischen Zwecken bezeichnet.
Grundsätzlich muss zwischen autologen und allogenen Transplantationen unterschieden werden. Bei einer autologen Transplantation wird Gewebe oder Zellmaterial von einer Stelle des Körpers zu einer anderen verpflanzt, d.h. die spendende Person ist zugleich die empfangsberechtigte Person des Transplantats. Von einer allogenen Transplantation hingegen spricht man dann, wenn die spendende Person und die empfangende Person verschieden sind, wenn also Organe, Gewebe oder Zellen von einer lebenden oder verstorbenen spendenden Person auf eine empfangende Person (derselben Spezies) übertragen werden. Differenziert wird zudem zwischen der syngenen Transplantation, welche zwischen eineiigen Zwillingen stattfindet, der Xenotransplantation, bei der z.B. Transplantate von Tieren auf Menschen übertragen werden, und der alloplastischen Transplantation, bei der künstliches Material in den Körper eingebracht wird, um die Funktion menschlicher Organe zu unterstützen oder zu ersetzen.
Geschichte der Transplantationsmedizin
Hinweise auf erste Versuche von Transplantationen finden sich bereits in frühen Mythologien, doch erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts schufen gefäßchirurgische und operationstechnische Fortschritte die Voraussetzungen für wissenschaftlich fundierte Transplantationen. Die erste erfolgreiche Transplantation einer Niere wurde 1954 zwischen eineiigen Zwillingen in den USA durchgeführt. 1963 wurden die erste Leber sowie die erste Lunge erfolgreich transplantiert. 1965 gelang die Übertragung einer Bauchspeicheldrüse. Weltweite Aufmerksamkeit erlangte die erste Herztransplantation im Dezember 1967, durchgeführt von Christiaan Barnard in Südafrika. 1989 gelang die erste Multiorgantransplantation. Probleme, die Transplantationen anfänglich erschwerten, wie beispielsweise fehlende Konservierungsmöglichkeiten entnommener Organe oder immunologische Abwehrreaktionen der empfangenden Person konnten durch zunehmende Erfahrung sowie die Entwicklung immunsuppressiver Medikamente teilweise überwunden werden.
Forschungsstand
Die Transplantationsmedizin ist inzwischen in vielen Ländern als Standard ärztlichen Handelns professionell etabliert. Vor allem bei Organversagen im Endstadium, dem so genannten terminalen Organversagen, ist eine Organtransplantation zumeist die einzige Behandlungsmöglichkeit. Aus medizinischer Sicht können mittlerweile eine Vielzahl von verschiedenen Zellen, Gewebeteilen, Organen oder ganzen Organsystemen transplantiert werden.
Eine Transplantation kann grundsätzlich nur dann gelingen, wenn das Transplantat vom Empfängerorganismus nicht abgestoßen wird. Die Transplantation körperfremder Organe kann im Empfängerorganismus immunologische Abwehrreaktionen auslösen, die zur Folge haben, dass das Organ seine Funktion nicht aufnehmen kann. Unterschieden wird zwischen der akuten Abstoßungsreaktion, die unterschiedlich stark ausgeprägt in der ersten Zeit nach der Transplantation auftritt, und der chronischen Abstoßung, bei der das Transplantat nach und nach versagt. Um die Funktionsfähigkeit des transplantierten Organs erhalten zu können, muss die körpereigene Abwehr mit Hilfe von immunsuppressiven Medikamenten dauerhaft unterdrückt werden, was eine hohe Mitarbeit der zu behandelnden Person erfordert.
Neben dem Versagen oder der Abstoßung des übertragenen Organs oder Gewebes, kann die Transplantation auch zu einer so genannten Graft-versus-host-Reaktion führen, wenn die mit dem Transplantat übertragenen Immunzellen den Körper der empfangenden Person als fremd erkennen und angreifen.
Auch bei Xenotransplantationen besteht die größte Hürde für eine erfolgreiche, langfristige Transplantation in Immunreaktionen gegen das Spenderorgan. Moderne Verfahren der Genomeditierung, insbesondere die Gen-Schere CRISPR/Cas9, haben entscheidend dazu beigetragen, Schweineherzen gentechnisch so zu verändern, dass das Risiko von Abstoßungsreaktionen des Empfängerorganismus signifikant verringert wird.
Ein bedeutender Fortschritt im Bereich der Xenotransplantation wurde Anfang 2022 erzielt. Erstmals wurde einem Patienten das Herz eines gentechnisch veränderten Schweins transplantiert. Bei der gentechnischen Veränderung wurden zum einen Gene deaktiviert, die Abstoßungsreaktionen des menschlichen Immunsystems hervorrufen können. Zum anderen wurden menschliche Gene hinzugefügt, die die Akzeptanz des körperfremden Organs erhöhen. Schließlich wurden gentechnische Veränderungen vorgenommen, die verhindern, dass das Schweineorgan auf Wachstumshormone reagiert und sich über das menschliche Normalmaß hinaus vergrößert. Der Patient überlebte 2 Monate. Die genaue Todesursache ist noch nicht vollständig geklärt, dennoch wird die Transplantation als Meilenstein der Xenotransplantation angesehen.
Organbedarf und -mangel
Weltweit wird auf einen zunehmenden Bedarf an Spenderorganen hingewiesen. Laut der spanischen Organisation für Transplantationen (ONT) standen allein in der EU Ende 2020 ca. 28.000 transplantierten Organen ca. 49.000 Personen auf der Warteliste gegenüber.
In Deutschland wurden laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), auf deren Daten auch alle folgenden Zahlen zu Transplantationen in Deutschland beruhen, im Jahr 2021 insgesamt 3.508 Organe transplantiert, 529 davon waren Lebendspenden. Den weitaus größten Teil bildeten Nierenverpflanzungen (56,8%), gefolgt von Lebertransplantationen (23,8%) sowie etwa gleichauf von Verpflanzungen der Lunge (8,1%) und des Herzens (9,4%). Weniger häufig sind Übertragungen der Bauchspeicheldrüse (1,9%) und des Dünndarms (0,1%). In der folgenden Tabelle sind die Zahlen für Transplantationen von 2013-2021 detailliert aufgeschlüsselt:

Dem Organbedarf steht seit Jahren eine viel zu geringe Zahl an Organspenden gegenüber. Im Jahr 2021 standen 8.730 als transplantabel eingestufte Personen auf der Warteliste. 6.593 Personen benötigten eine Niere, 848 eine Leber, 727 ein Herz, 291 eine Lunge und 271 eine Pankreas.
Nach Einschätzung der DSO haben zum einen die im Jahr 2012 bekannt gewordenen Richtlinienverstöße bei der Organvergabe zu einem Vertrauensverlust in das Transplantationswesen geführt: Überprüfungen hatten ergeben, dass in einzelnen Transplantationskliniken Daten manipuliert worden waren, um Patientinnen und Patienten schneller zu einem Spenderorgan zu verhelfen. Zum anderen wird auch in der zunehmenden Bedeutung von Patientenverfügungen eine mögliche Ursache für rückläufige Spenderzahlen gesehen. Denn in Fällen, in denen Betroffene sich gegen die Durchführung lebenserhaltender Maßnahmen ausgesprochen und gleichwohl eine Bereitschaft zur Organspende erklärt haben, besteht zwischen Patientenverfügung und Organspendeerklärung häufig ein Widerspruch.
Einer repräsentativen Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zufolge hatten 2022 zwar 84% der Befragten eine positive Einstellung zur Organ- und Gewebespende, aber nur 31% haben ihre Entscheidung in einem Organspendeausweis auch dokumentiert. Die Politik setzt daher auf eine breite Aufklärung der Bevölkerung über Stellenwert und Möglichkeiten der Organspende. Eine zentrale Maßnahme war die Einführung der so genannten Entscheidungslösung im Jahr 2012. Diese sieht vor, dass alle Krankenversicherten über dem 16. Lebensjahr regelmäßig nach ihrer Bereitschaft zur Organspende befragt werden. Allerdings haben in der erwähnten Umfrage der BZgA nur 54% angegeben, zu dem Thema ausreichend informiert zu sein. Ende 2018 begann eine Debatte über verschiedene Modelle der Organspenderegelung, die am 16. Januar 2020 in eine Abstimmung des Bundestages über eine Neuregelung mündete (vgl. hierzu den Abschnitt II. Rechtliche Aspekte).
Weil sich der Bedarf an Organen wahrscheinlich auch dann nicht vollständig abdecken ließe, wenn die Organspendebereitschaft erheblich größer wäre, ist es wichtig, auch alternative Formen der Transplantatgewinnung zu nutzen und weiterzuentwickeln. Bei einigen Organen wie den Nieren und der Leber kann auf die Möglichkeit der Lebendspende zurückgegriffen werden. Weitere Alternativen zur postmortalen Organspende liegen in der Entwicklung künstlicher Organe (alloplastische Transplantation), der Nutzung tierischer Organe (Xenotransplantation) oder der Erzeugung von Organen aus Stammzellen. Weil sich diese Möglichkeiten der Organgewinnung noch in der Entwicklung befinden und teilweise ethisch umstritten sind, gibt es zusätzlich immer wieder Vorstöße, die Organspende zu kommerzialisieren. Modelle zur Kommerzialisierung setzen sowohl bei der Lebendspende als auch bei der postmortalen Organspende an. In Großbritannien sorgte 2011 ein vom Nuffield Council on Bioethics vorgeschlagenes Modell für Aufsehen: Für Organspendende solle das staatliche Gesundheitssystem die Beerdigungskosten übernehmen. Solche Vorstöße werden jedoch überwiegend kritisch diskutiert. So lehnen die Vereinten Nationen (UN) und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) jegliche Kommerzialisierung von Organspenden unter Verweis auf die Menschenrechte ab – auch wenn die Organknappheit zunehmend zu illegalem Organhandel führt.
Ablauf einer postmortalen Organspende in Deutschland
In Deutschland ist der Ablauf einer postmortalen Organspende im Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben im Transplantationsgesetz (TPG) geregelt. Das TPG legt fest, dass vor allem drei Parteien an der Organisation einer postmortalen Organspende maßgeblich beteiligt sein müssen: erstens die Entnahmekrankenhäuser und Transplantationszentren, zweitens die Koordinierungsstelle Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) und drittens die internationale Vermittlungsstelle Eurotransplant.
Aufgabe des medizinischen Fachpersonals im Krankenhaus ist es, den Hirntod gemäß der Richtlinien der Bundesärztekammer zu diagnostizieren, ein Gespräch mit den Angehörigen zu führen und die nächstgelegene Organisationszentrale der DSO zu informieren, wenn eine Zustimmung zur Organspende vorliegt – entweder durch das Vorliegen eines Organspendeausweises oder durch die Bekanntgabe des Willens der verstorbenen Person durch die Angehörigen. Aufgabe der DSO ist es die Organentnahme zu koordinieren. Zum Schutz der Person, die das Organ empfängt, führt sie zunächst Laboruntersuchungen durch. Wenn bei dem Verstorbenen keine Infektionen oder Tumorerkrankungen vorliegen, die den Organempfänger gefährden könnten, dann übermittelt die DSO alle erforderlichen Daten an Eurotransplant, welche eine computergestützte Auswahl der empfangenden Person vornimmt.
Sobald die Wahl der Person, die das Organ empfängt, entschieden ist, bereitet Eurotransplant gemeinsam mit der DSO und dem regionalen Koordinator des Spendendenkrankenhauses die Entnahme des Organs vor. Gleichzeitig wird der Transport des Organs vom Spendendenkrankenhaus zur betreffenden Transplantationsklinik der empfangenden Person in die Wege geleitet. Die DSO erstattet die Personal- und Sachkosten, die durch eine Organspende anfallen. Die Kosten für die Transplantation des Spenderorgans übernimmt die Krankenversicherung der Person, die das Organ empfängt. Grundsätzlich wird dieser Person der Name der spendenden Person nicht mitgeteilt. Auch die Angehörigen der Person, die das Organ spendet, erfahren nicht, wer ein gespendetes Organ erhalten hat. Das Transplantationszentrum teilt den Angehörigen auf Wunsch jedoch mit, ob das Organ bzw. die Organe erfolgreich transplantiert werden konnten.
Ablauf einer Lebendspende in Deutschland
Eine Alternative zur postmortalen Spende ist die Lebendspende. Gemäß dem deutschen Transplantationsgesetz ist die Lebendspende der Niere, Teile der Leber und anderer nicht regenerationsfähiger Organe, nur unter nahen Verwandten und einander persönlich verbundenen Menschen erlaubt. Um sicherzustellen, dass sie auf freiwilliger Basis und mit möglichst geringem medizinischem Risiko für die organ-spendende Person erfolgt und um jeglichen Missbrauch oder Organhandel zu verhindern, muss eine Gutachterkommission jede Lebendspende im Vorfeld umfassend prüfen.
Neben umfangreichen Laboruntersuchungen in denen medizinische Faktoren wie Blutgruppe und HLA-Übereinstimmung ermittelt werden, werden auch Belastungsuntersuchungen und organspezifische Funktionstests durchgeführt. Außerdem wird mit Hilfe psychologischer Gespräche untersucht, in welcher Beziehung die spendende Person und die Person, die das Organ empfängt, zueinander stehen, was die spendende Person zu ihrem Vorhaben motiviert und ob sie sich über die möglichen Folgen des Organverlusts bewusst ist.
Im Jahr 2021 wurden z.B. in Deutschland 475 von insgesamt 1.992 Nieren lebend gespendet. Die Zahl der Nierenlebendspenden ist damit im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen (2020: 450 Nierenlebendspenden). Allerdings sind die Erfolgsaussichten einer Lebendspende im Allgemeinen deutlich besser als bei der postmortalen Organspende, da eine optimale Spender*innen- und Empfänger*innenkoordinierung möglich ist. Seit Inkrafttreten des TPG-Änderungsgesetzes und der Modifikation des SGB V verschwindet nun auch die Rechtsunsicherheit bezüglich der Nachsorge der lebendspendenden Person: Die Person, die das Organ spendet, hat umfassende Ansprüche gegenüber der Krankenkasse der empfangenden Person, u.a. auf Übernahme der Kosten der Vor- und Nachsorge, Rehabilitation und Lohnfortzahlung während der Arbeitsunfähigkeit.
In einigen Ländern, beispielsweise in der Schweiz, ist die so genannte Cross-Over-Transplantation erlaubt, bei der geeignete Paare wechselseitig Organe spenden, wenn eine Transplantation innerhalb der Partner*innenschaft mangels Kompatibilität unmöglich ist. Auch in Deutschland wurde die Crossover-Transplantation in einem konkreten Fall für zulässig erklärt, da laut Meinung des Bundessozialgerichtes von einem persönlichen Näheverhältnis zwischen der spendenden und der empfangenden Person ausgegangen werden konnte.
Völker- und Europarecht
Die Europäische Union hat die vertragliche Aufgabe, Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Organtransplantationen festzulegen. Dies ergibt sich aus Artikel 168 IV lit. A) des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Auf dieser Basis wurde am 7. Juli 2010 die Richtlinie 2010/45/EU über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe verabschiedet. Die Transplantations-Richtlinie zielt in erster Linie darauf ab, die Qualitäts- und Sicherheitsstandards europaweit anzugleichen und die Transplantationssysteme leistungsfähiger zu gestalten, um den Austausch zwischen den Mitgliedstaaten zu verbessern. Da europäische Richtlinien für alle Mitgliedsstaaten verbindlich sind, wurde sie in Deutschland am 01.08.2012 mit dem Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes ins nationale Recht umgesetzt. Regelungen der Organspende, der Organentnahme oder der Organverteilung lässt die Richtlinie unberührt, da dies den einzelnen Ländern vorbehalten ist.
Zusätzlich zur Richtlinie hat das Europäische Parlament den Aktionsplan im Bereich Organspende und -transplantation (2009-2015) vorgelegt. In einem 10-Punkte-Plan regt sie etwa die Einführung eines zentralen Transplantationsregisters und die Benennung von speziell geschulten Transplantationskoordinator*innen in Krankenhäusern an.
Auf völkerrechtlicher Ebene hat der Europarat im Art. 19 ff seines Übereinkommens über Menschenrechte und Biomedizin sowie im Zusatzprotokoll über die Transplantation spezielle Normen zur Entnahme von Organen formuliert. Da Deutschland und andere Länder diese beiden völkerrechtlichen Verträge noch nicht ratifiziert haben, entfalten sie bisher keine rechtlichen Wirkungen.
Deutschland
Das deutsche Transplantationsgesetz (TPG)
In Deutschland ist die Transplantation menschlicher Organe in dem Gesetz über die "Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben" (Transplantationsgesetz) geregelt. Dieses wurde am 05. November 1997 vom Deutschen Bundestag verabschiedet, trat am 01. Dezember 1997 in Kraft, wurde am 04. September 2007 in einer neuen Fassung veröffentlicht und am 01. August 2012 reformiert. Je nachdem, ob die Organe postmortal oder aber einer lebendspendenden Person entnommen werden, schreibt es unterschiedliche Regelungen vor.
Grundsätzlich gilt in Deutschland die Entscheidungslösung, das heißt, ein Organ einer verstorbenen Person darf grundsätzlich nur dann entnommen werden, wenn ihre Zustimmung zur Organspende (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 TPG), beispielsweise in Form eines Organspendeausweises oder durch deren Angehörige (§ 4 TPG) vorliegt. Nach jahrelangen Diskussionen um die Einführung einer Widerspruchslösung, um der niedrigen Zahl der Organspenden entgegenzuwirken, wurde die bestehende Rechtslage am 16. Januar 2020 durch den Bundestag im Wesentlichen bestätigt. Der Bundestag stimmte für den Gesetzesentwurf einer Abgeordnetengruppe um Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock. Das entsprechende "Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende" trat am 1. März 2022 in Kraft. Die bislang geltende Entscheidungslösung wird beibehalten, der zufolge die Organspende eine bewusste und freiwillige Entscheidung sein muss. Zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft sieht das Gesetz die Einführung eines Online-Registers vor, in dem Bürger*innen ihre Entscheidung festhalten können (ähnlich dem österreichischen Modell). Darüber hinaus soll das hausärztliche Fachpersonal regelmäßig die von ihnen behandelten Personen dazu ermutigen, in diesem Online-Register ihre Entscheidung zu dokumentieren, was künftig zusätzlich auch in Ausweisstellen möglich sein soll. Eine Abgeordnetengruppe um Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Gesundheitsexperte Karl Lauterbach (SPD) hatte dagegen einen Gesetzesvorschlag eingebracht, der die Widerspruchslösung vorsah. Bereits im April 2019 wurde das Zweite Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes (GZSO) verabschiedet.
Die Entnahme von Organen und Geweben ist bei toten Spendenden prinzipiell nur zulässig, wenn der Tod der organ- bzw. gewebespendenden Person nach Regeln, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 TPG) von zwei qualifizierten ärztlichen Fachkräften, die weder an der Entnahme noch an der Übertragung der Organe beteiligt sein dürfen, unabhängig voneinander (§ 5 TPG) festgestellt wurde. Außerdem muss der Eingriff grundsätzlich von einer ärztlichen Fachperson vorgenommen werden (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 TPG). Auch die Entnahme von Organen oder Geweben bei einem toten Embryo oder Fötus ist erst nach qualifizierter Feststellung des Todes zulässig. Zudem muss eine Einwilligung der Frau, die mit dem Embryo oder Fötus schwanger war, vorliegen (§ 4a Abs. 1 TPG).
Das am 01. August 2012 in Kraft getretene TPG-Änderungsgesetz sieht vor, dass alle Krankenversicherten die 16 Jahre oder älter sind, regelmäßig befragt werden, ob sie bereit sind ihre Organe postmortal zu spenden. Dadurch erhofft man sich eine Erhöhung der Zahl postmortal gespendeter Organe. Sowohl die gesetzlichen als auch die privaten Krankenversicherungsunternehmen sind dazu verpflichtet, ihre Versicherten regelmäßig dazu aufzufordern, ihre Einstellung für oder gegen die postmortale Organspende zu dokumentieren, wobei der Grundsatz der Freiwilligkeit der Entscheidung eines jeden einzelnen Versicherten berücksichtigt werden muss.
Darüber hinaus wurden mit dem Änderungsgesetz die bereits bestehenden Kontrollmechanismen in Transplantationszentren und Entnahmekrankenhäusern erweitert und verschärft. Kontrollinstanz ist eine unabhängige Prüf- und Überwachungskommission, die bei der Bundesärztekammer angesiedelt ist. Die Kliniken sind gesetzlich dazu verpflichtet, der Kommission Unterlagen über getroffene Entscheidungen zur Vermittlung von Organen zur Verfügung zu stellen und erforderliche Auskünfte zu erteilen. Erkenntnisse über Verstöße gegen das TPG muss die Kommission an die zuständigen Behörden der Länder weiterleiten.
Rechtliche Regelung der Lebendspende im TPG
Die Lebendspende ist prinzipiell nur dann zulässig, wenn die Person volljährig und einwilligungsfähig ist, nach angemessener Aufklärung eingewilligt hat (informed consent), nach ärztlicher Beurteilung als spendende Person geeignet ist und durch den Eingriff voraussichtlich nicht über das Operationsrisiko hinaus gefährdet wird (§ 8 Abs. 1 TPG). Während selbstregenerierende Organe oder Gewebe auch an unbekannte Personen gespendet werden dürfen, ist die Spende von den Organen, die sich nicht von selbst wieder bilden können (z.B. Niere, Teile der Leber) nur zulässig zum Zwecke der Übertragung auf Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten, eingetragene Lebenspartner*innen, Verlobte oder andere Personen, die der spendenden Person in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen ( § 8 Abs. 1 Nr. 4 TPG). Das TPG-Änderungsgesetz und die damit einhergehende Modifikation des SGB V legen fest, dass die organspendende Person umfangreiche Ansprüche gegenüber der Krankenkasse der organempfangenden Person hat, u.a. auf Krankenbehandlung, Vor- und Nachbetreuung, Rehabilitation, Fahrtkosten und Krankengeld. Zudem erhalten Lebendorganspendende, die aufgrund der Organentnahme arbeitsunfähig sind, eine volle Erstattung des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens.
Allgemeine Regelungen im TPG
Neben den detaillierten Voraussetzungen für die Entnahme von Organen bei toten und lebenden Spendenden (§§ 3-8 TPG) sind im Transplantationsgesetz allgemeine Grundsätze, Prinzipien und Verfahrensregeln verankert. Es definiert die Organspende als eine Gemeinschaftsaufgabe für mehrere unterschiedliche am Prozess beteiligte Institutionen. Eine Schlüsselstellung haben dabei die sogenannten TPG-Auftraggebenden: Der Spitzenverband der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen (GKV), Bundesärztekammer (BÄK) und Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) beauftragen gemeinsam eine Koordinierungsstelle für die Organentnahme (§ 11 TPG) und eine Vermittlungsstelle für die Organvermittlung (§ 12 TPG). So genannte vermittlungspflichtige Organe (Herz, Niere, Leber, Lunge, Bauchspeicheldrüse und Darm, §§ 3, 4 TPG) dürfen nur in dafür zugelassenen Krankenhäusern transplantiert werden (§§ 9, 10 TPG) und müssen dazu durch die Vermittlungsstelle vermittelt worden sein (§ 11 TPG). Gesetzlich festgehalten ist zudem, dass die Transplantationszentren für die Übertragung vermittlungspflichtiger Organe Wartelisten führen müssen. Nicht alle Patient*innen, die ein neues Organ benötigen, können in die Warteliste aufgenommen werden. Ist das Risiko der Transplantation und ihrer Nachbehandlung zu hoch und sind die Erfolgsaussichten schlecht, so wird der Eingriff nicht in Betracht gezogen. Medizinisches Fachpersonal ist verpflichtet den Richtlinien der Bundesärztekammer zur Aufnahme in die Warteliste zu folgen und zudem Gründe für oder gegen die Aufnahme auf die Warteliste zu dokumentieren und der erkrankten Person mitzuteilen (§ 16 TPG). Die Spenderorgane sind nach den Richtlinien der Organvermittlung der Bundesärztekammer bundeseinheitlich zu vermitteln (§ 12 TPG).
Das TPG sieht vor, dass auch Minderjährige ihre Bereitschaft zur Organspende ab dem vollendeten 16. Lebensjahr und einen Widerspruch ab dem vollendeten 14. Lebensjahr ohne Zustimmung eines Erziehungsberechtigten erklären können.
Im TPG sind zudem Strafvorschriften sowie Ordnungswidrigkeitsbestimmungen festgehalten. Der Organhandel sowie das Übertragen und das Sich-Übertragenlassen gehandelter Organe ist verboten und kann mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden (§ 17 TPG). Ferner sieht das TPG vor, dass die Bundesbehörden, insbesondere die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, sowie die Krankenkassen die Bevölkerung über die Möglichkeiten der Organ- und Gewebespende informieren und Organspendeausweise bereithalten sollen (§ 2 TPG). Im Zuge der Reformation des TPGs im August 2012 wurden außerdem neue gesetzliche Vorgaben für Entnahmekrankenhäuser formuliert (§ 9a und §9b TPG). Diese sehen unter anderem erstmals vor, dass es in jedem Entnahmekrankenhaus mindestens eine transplantationsbeauftragte Person geben muss. Ein Hauptgrund für die Einführung von transplantationsbeauftragten Personen ist der Erfolg des von der Europäischen Union und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gleichermaßen anerkannten spanischen Transplantationswesens. Die Rechte der transplantationsbeauftragten Personen wurden im Zuge des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes (GZSO) gestärkt.
Richtlinien und Stellungnahmen der Bundesärztekammer
Das Transplantationsgesetz (TPG) verpflichtet die Bundesärztekammer, Richtlinien zu einzelnen Bereichen der Transplantationsmedizin zu erstellen, die sich am Stand der medizinischen Wissenschaft orientieren (§ 16 TPG). Diese Richtlinien wurden von der „Ständigen Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer“ erarbeitet und seitdem unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft immer wieder aktualisiert. Ihr gehören Vertreter*innen aus der Medizin, dem Recht, der Philosophie, zu behandelnde Personen sowie Angehörige von organspendenden Personen an. Die Bundesärztekammer hat entsprechend der Vorgaben des TPG folgende Richtlinien formuliert:
- Richtlinie zu Maßnahmen der Qualitätssicherung im Zusammenhang mit einer Organtransplantation
- Richtlinie zur medizinischen Beurteilung von Organspendern und zur Konservierung von Spenderorganen
- Richtlinien für die Wartelistenführung und die Organvermittlung
- Richtlinien zur Feststellung des Hirntodes
Neben diesen Richtlinien, die für alle am Transplantationsprozess Beteiligten gem. § 16 TPG bindend sind, hat die Bundesärztekammer noch weitere Empfehlungen und Stellungnahmen zum Thema Organtransplantation veröffentlicht.
Rechtliche Regelung der Xenotransplantation in Deutschland
Auf die Xenotransplantation findet das deutsche TPG keine Anwendung, da dieses gem. § 1 TPG nur die Entnahme und Spende von menschlichen Organen, Organteilen oder Geweben regelt. In einer Stellungnahme zur Xenotransplantation hat die Bundesärztekammer im Jahr 1999 entschieden, dass die Voraussetzungen für eine hinreichend risikoarme Durchführung von Xenotransplantationen nicht gegeben seien. Von Bedeutung für die Xenotransplantation ist u.a. das Arzneimittelgesetz (AMG). Gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG sind Arzneimittel Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Nach herrschender Meinung handelt es sich beim Xenotransplantat um ein Arzneimittel im Sinne des AMG. Gem. § 5 Abs. 1 dürfen Arzneimittel dann nicht in den Verkehr gebracht werden, wenn sie bedenklich sind. Bedenklich sind sie gem. § 5 Abs. 2 AMG, wenn bei ihnen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse, der begründete Verdacht besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Kenntnissen der Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen. Ob dies bei der Übertragung tierischer Organe auf den Menschen der Fall ist, wird diskutiert.
Regelungen in anderen Ländern
In vielen Ländern ist die Organspende und Transplantation in ihren Grundprinzipien ähnlich geregelt. So wird über das Hirntodkriterium zwar immer wieder diskutiert – vor allem in Japan – , in der Regel wird der irreversible Ausfall der Gesamthirnfunktion aber von rechtlicher Seite als der Zeitpunkt akzeptiert, ab dem eine Organentnahme postmortal durchgeführt werden kann. Zudem ist der Organhandel in den meisten Ländern unter Strafe gestellt, Transplantationen dürfen nur von ärztlichem Fachpersonal durchgeführt werden und die Vermittlung von Organen muss speziellen Einrichtungen übertragen werden.
Die Frage ob und in welcher Form eine Einwilligung der organspendenden Person vorliegen muss, damit ein Organ nach dem Tod entnommen werden darf, wird in den einzelnen Ländern unterschiedlich geregelt. In Deutschland gilt als einzigem europäischen Land die Entscheidungslösung. In Dänemark, Irland, Island, Litauen, Niederlande, Rumänien, Schweiz und dem Vereinigten Königreich ist die Zustimmungslösung in Kraft. Diese sieht vor, dass die verstorbene Person zu Lebzeiten, z.B. per Organspendeausweis, einer Organentnahme zugestimmt haben muss. Liegt keine Zustimmung vor, können die Angehörigen, auf Grundlage des ihnen bekannten oder mutmaßlichen Willens der verstorbenen Person, entscheiden. Die Widerspruchslösung, gemäß derer Organe grundsätzlich dann entnommen werden dürfen, wenn die potentiell spendende Person einer postmortalen Organentnahme zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widersprochen hat, gilt in Österreich und allen übrigen europäischen Ländern.
In Japan gilt eine spezielle Form der Zustimmungslösung. Dort darf eine postmortale Organspende grundsätzlich nur dann durchgeführt werden, wenn die Angehörigen der verstorbenen Person ihre Zustimmung erteilt haben. Da in der Regel die jeweiligen Organspenderegelungen nicht nur für Staatsangehörige, sondern auch für Personen gelten, die sich in dem betreffenden Land aufhalten, empfiehlt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), auf Reisen im Ausland einen ausgefüllten Organspendeausweis zu den Ausweispapieren zu legen, damit Reisende dort nicht unwillentlich zu Organspendenden werden.
Die neuen Möglichkeiten der Transplantationsmedizin werfen nicht nur medizinische und juristische, sondern vor allem auch ethische Fragen auf. Je nach der Quelle von Transplantationsorganen, ob diese also aus postmortalen Organspenden, Lebendspenden oder von Tieren (Xenotransplantation) gewonnen werden, stellen sich spezifische Probleme. Zentrale Themen der ethischen Debatte betreffen den Begriff und Zeitpunkt des Todes, Kriterien der gerechten Organallokation und die Freiwilligkeit der Organspende.
Ethische Fragen bei der Gewinnung postmortal gespendeter Organe
Bei der postmortalen Spende steht in ethischer Perspektive vor allem zur Frage, wann Eingriffe in den menschlichen Körper zum Zwecke der Organentnahme ethisch vertretbar sind.
Die gesicherte Todesfeststellung
Mit Blick auf die postmortale Organspende wird darüber diskutiert, wann der Mensch tot ist, wobei die Frage nach dem Todeskonzept als solche keine medizinische, sondern eine philosophische ist. Neben dem nicht mehr behobenen Herz- und Kreislaufstillstand (Herztod) gilt in Deutschland und auch in den meisten anderen Ländern der irreversible vollständige Funktionsausfall des gesamten Gehirns (Hirntod) als sicheres Todeskriterium. Der Hirntod besagt, dass das Gehirn abgestorben und damit seine Gesamtfunktion endgültig ausgefallen ist, während die Herz- und die Kreislauffunktionen im übrigen Körper durch intensivmedizinische Methoden aufrechterhalten werden. In den Richtlinien der Bundesärztekammer sind Verfahren und Ablauf der Hirntoddiagnostik genau festgelegt. Die Debatte über das Hirntodkriterium erreichte ihren Höhepunkt in mehreren Entwürfen zum Transplantationsgesetz und in der Verabschiedung des Gesetzes im Juni 1997, aber auch heute noch wird das Hirntodkriterium kontrovers diskutiert. Für den Hirntod als sicheres Kriterium zur Feststellung des Todes wird angeführt, dass mit dem Ausfall der Hirnfunktionen die den Menschen konstituierende körperlich-geistige Einheit für immer zerstört sei. Sobald der Hirntod eintrete, könne der Mensch nicht mehr denken, erkennen, entscheiden, erleben, planen, empfinden und wahrnehmen. Er könne kein Bewusstsein und auch kein Selbstbewusstsein mehr haben, weshalb andere Personen eine Beziehung nur noch zu ihm, allerdings nicht mehr mit ihm aufbauen könnten.
Kritische Stimmen zum Hirntod als allgemeines Todeskriterium äußern indes, dass der Hirntod nur ein Zustand auf dem Weg zum Tod sei, in einer Phase, die noch dem erlöschenden Leben zugerechnet werden müsse. Da bei vielen Patient*innen, die die diagnostischen Kriterien des Hirntodes erfüllen, nach wie vor physiologische Reaktionen beobachtbar seien – von der Körperwärme und der Hautfarbe über die spontanen Umarmungen durch hirntote Personen bis hin zu Erektionen und Samenergüssen oder gar der zeitweiligen Fortsetzung der Schwangerschaft trotz Hirntods des austragenden Elternteils – könne man nicht davon ausgehen, dass hirntote Personen in einem umfassenden Sinne tot seien. Gestützt werden die gegnerischen Stimmen des Hirntodkriteriums durch einen Bericht des US-amerikanischen President’s Council on Bioethics aus dem Jahr 2008. Der President’s Council kommt dabei zu dem Ergebnis, dass eine naturwissenschaftliche Begründung der Gleichsetzung von Tod und Hirntod nicht länger gerechtfertigt sei. Die Forschung habe gezeigt, dass die Integration des Organismus eine Leistung sei, die der Organismus als Ganzer erbringe, die sich also nicht, wie bisher angenommen, allein dem Gehirn zuschreiben lasse. Da der President's Council an der Gleichsetzung von Tod und Hirntod festhalten möchte, schlägt dieser eine alternative Begründung vor – eine naturphilosophische statt einer naturwissenschaftlichen. Bei dieser Neukonzeption steht nicht mehr im Mittelpunkt, wann ein Mensch biologisch tot ist, sondern was sein Leben ausmacht. Dabei setzt der President’s Council auf aktive Fähigkeiten des Menschen wie z. B. die Fähigkeit, Reize von der Umwelt zu empfangen und mit dieser zu interagieren. Diese Fähigkeit manifestiere sich unter anderem in der spontanen Atmung. Kritiker*innen halten jedoch eine derartige naturphilosophische Rechtfertigung des Hirntodkriteriums für problematisch, weil diese nicht falsifizierbar sei.
Durch den Bericht des President's Council entflammte auch in Deutschland die ethische Diskussion um das Hirntodkriterium neu. Denn die Nicht-Gleichsetzung von Tod und Hirntod hätte gravierende ethische und juristische Konsequenzen. In Deutschland, wie auch in anderen Ländern, ist eine Organentnahme (die Lebendspende ausgenommen) nur von Toten erlaubt – dies besagt die sogenannte "Tote-Spender-Regel", die im Transplantationsgesetz verankert ist (§ 3 TPG). Eine Organentnahme bei Hirntoten müsste folglich als eine Form der Tötung angesehen werden, wenn Tod und Hirntod nicht gleichgesetzt würden. Möchte man aber dennoch an der Transplantationsmedizin festhalten, ohne dass Organentnahme zu einer Form der Tötung werden soll, dann gäbe es laut President's Council nur folgende zwei Alternativen:
- Die Aufgabe der "Tote-Spender-Regel".
- Die Organentnahme nach Herztod (Organentnahme ausschließlich von "non heart-beating donors").
Beide Alternativen sind jedoch ethisch und juristisch problematisch. Die Aufgabe der "Tote-Spender-Regel" bedeutete, die unbedingte Gültigkeit des Tötungsverbotes ebenfalls aufzugeben. Würden Organe nur noch von "non heart-beating donors" entnommen führte dies dazu, dass weitaus weniger Organe verpflanzt würden. Dieses Dilemma stellt auch das Motiv und den Grund dar, weshalb der President's Council als Ausweg eine Neubegründung der Gleichsetzung von Tod und Hirntod gewählt hat.
Der Deutsche Ethikrat hat sich im Februar 2015 mit einer Stellungnahme zur Kontroverse um den Hirntod geäußert. Einstimmig hält es der Deutsche Ethikrat für akzeptabel, der Einwilligung einer Person zur Organspende nach korrekt diagnostiziertem Hirntod Folge zu leisten, womit der Grundgedanke des geltenden Transplantationsgesetzes bestätigt wird. Die Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Ethikrates hält den Hirntod darüber hinaus für ein hinreichendes Kriterium zur Bestimmung des menschlichen Todes. Eine Minderheit lehnt es hingegen ab, den irreversiblen Ausfall aller Hirnfunktionen mit dem Tod des Menschen gleichzusetzen. Ähnlich wie der US-President’s Council hält diese Minderheit des Deutschen Ethikrates die "Tote-Spender-Regel" für entbehrlich, es handele sich beim Akt der Organentnahme jedoch nicht um eine Tötung, sondern vielmehr um eine akzeptable Form des selbstbestimmten Sterbenlassens. Da es dem Deutschen Ethikrat nicht gelungen ist, hinsichtlich der Frage der Gleichsetzung des Hirntods mit dem Tod zu einem Konsens zu gelangen, ist es nur konsequent, dass er in seiner Stellungnahme eine transparente Aufbereitung der verschiedenen Sichtweisen des Hirntodkriteriums für die öffentliche Debatte fordert.
Einwilligung zur postmortalen Organspende
Zur Frage steht, ob die ärztliche Fachkraft berechtigt ist, ohne eine zu Lebzeiten abgegebene Erlaubnis der toten Person oder ohne Zustimmung ihrer Angehörigen, Gewebe oder Organe zum Zweck der Heilung einer kranken Person aus einer Leiche zu entfernen. Hat die verstorbene Person einer Organentnahme zu Lebzeiten schriftlich oder mündlich zugestimmt, sind die ärztlichen Fachkräfte gehalten, die medizinische Umsetzbarkeit der Spendebereitschaft zu prüfen und falls möglich zu verwirklichen. Uneinigkeit besteht darüber, wie mit Fällen umzugehen ist, in denen eine verstorbene Person weder eine Zustimmung noch einen Widerspruch hinterlassen hat. Im Spannungsverhältnis zwischen den öffentlichen Interessen an der Gewinnung ausreichend vieler Spenderorgane und den Interessen der Verstorbenen bzw. der Angehörigen an der Wahrung der Integrität des Leichnams streben Vertretende der Widerspruchslösung einen Ausgleich an: Sie verpflichten zwar nicht zur Organentnahme, bürden der potenziell spendenden Person aber die Entscheidungslast auf.
Um die Zahl der Organspenden in Deutschland zu erhöhen, halten zahlreiche Fachkundige eine Änderung des Transplantationsgesetzes (TPG) für geboten. Bereits 2011 hat sich der Gesundheitsausschuss des Bundestages in einer öffentlichen Anhörung mit der Frage befasst, ob die Zustimmungslösung bei Organspenden, wonach Menschen nur dann Organe entnommen werden dürfen, wenn sie ihre Zustimmung selbst vor ihrem Tod in einem Organspendeausweis festgehalten haben oder ihre Angehörigen einer Organentnahme nach ihrem Tod zustimmen, noch zeitgemäß ist. Die in Deutschland geltende Entscheidungslösung sieht darüber hinaus vor, dass alle Bürger*innen regelmäßig befragt werden sollen, ob sie bereit sind, ihre Organe postmortal zu spenden. Auch die oben genannte Widerspruchslösung wurde zur Sprache gebracht. Die Widerspruchslösung ist jedoch nach wie vor äußerst umstritten.
Am 16. Januar 2020 wurden mit dem Votum des Bundestages für den von Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock und anderen Abgeordneten eingebrachten Gesetzesentwurf die Entscheidungslösung bestätigt und die Informationsmaßnahmen ausgeweitet. Die Aufklärung über Organspende soll verstärkt werden sowie durch die Einführung eines Online-Registers die Dokumentation, Änderung und Widerrufung der eigenen Entscheidung erleichtert werden.
Gerechtigkeitsprobleme der Organzuteilung unter Mangelbedingungen
Ein weiteres ethisches Problem in der heutigen Transplantationsmedizin stellt die gerechte Verteilung von postmortal gespendeten Organen dar. Gefordert wird eine gerechte Organallokation unter den Bedingungen des Mangels an spendenden Personen. Zur Diskussion steht, wie mit Fällen, in denen zwei oder mehrere Personen unter medizinischen Kriterien für ein und dasselbe Spenderorgan in Frage kommen, umzugehen ist. Die Organallokation orientiert sich hauptsächlich an den ethischen Grundprinzipien der Gerechtigkeit und des größtmöglichen (medizinischen) Nutzens. Diese beiden Prinzipien können jedoch miteinander in Konflikt geraten. So wäre der Nutzen einer Transplantation bei einer noch relativ gesunden Person am größten, doch damit würde das Organ jemandem vorenthalten, für den es die vielleicht letzte Chance ist. Die Gewichtung der beiden genannten Prinzipien lässt sich aus ethischer Sicht nicht definitiv festlegen, sondern muss in einem transparenten gesellschaftlichen Prozess ausgehandelt werden.
In Deutschland werden die so genannten vermittlungspflichtigen Organe (Herz, Lunge, Leber, Niere, Pankreas und Darm) durch die Vermittlungsstelle Eurotransplant gemäß der Richtlinien zur Organvermittlung der Bundesärztekammer verteilt. Mit Blick auf die Schwierigkeit der gerechten Organallokation wird auch über Modelle diskutiert, die vorsehen, dass Spenderorgane nur den Personen zugeteilt werden, die sich selbst bereit erklären ihre Organe postmortal zu spenden. Personen, die dieses Modell kritisieren warnen vor nicht gewollten Diskriminierungen, die in der praktischen Umsetzung auftreten könnten. Weitgehend Einigkeit herrscht in der Diskussion darüber, dass soziale Kriterien, wie beispielsweise die gesellschaftliche Stellung einer Person, bei der Verteilung von Organen keine Rolle spielen dürfen.
Ethische Fragen bei der Lebendorganspende
Durch die Fortschritte in der Transplantationsmedizin und dem gleichzeitigen Mangel an Organen wird die Diskussion um die Legitimität der Lebendspende derzeit verstärkt geführt. Bei der Lebendspende werden in der ethischen Diskussion erstens die spendende Person, zweitens die organempfangende Person und drittens die ärztliche Fachkraft als vermittelnde Person zwischen beiden in den Blick genommen.
Freiwilligkeit der Lebendspende
Eine Lebendorganspende setzt die freie und informierte Zustimmung (informed consent) der spendenden Person voraus, sie darf gemäß dem deutschen TPG nur unter Verwandten ersten und zweiten Grades sowie unter einander "persönlich nahestehenden" Personen durchgeführt werden. Ziel dieser Regelung ist es, Organhandel zu vermeiden, Freiwilligkeit der Spende sicherzustellen und Schutz vor voreiligen Entscheidungen zu gewähren, die bei späteren Komplikationen bereut werden könnten. Da bei der Lebendspende eine gesunde Person durch eine Operation, die nicht ihr selbst dient, dem Risiko einer gesundheitlichen Beeinträchtigung oder sogar des Todes ausgesetzt wird, soll die Zahl der Lebendspenden in den meisten Ländern auf das zur Versorgung der Organbedürftigen unbedingt erforderliche Maß beschränkt werden; in Deutschland wird dies durch das "Prinzip der Subsidiarität der postmortalen Spende gegenüber der Lebendspende" verwirklicht. Dieses Prinzip besagt, dass eine Lebendspende nur dann zulässig ist, wenn zum Zeitpunkt der Organentnahme kein geeignetes Organ einer totspendenden Person zur Verfügung steht. Die ärztliche Fachkraft darf Organe einer lebendspendenden Person nur dann entnehmen, wenn diese Kriterien der Dringlichkeit und Alternativlosigkeit erfüllt sind. Außerdem muss mithilfe physiologischer Untersuchungen sichergestellt werden, dass der Eingriff die potentiell spendende Person nicht über das normale Operationsrisiko hinaus gefährdet. Ferner muss mithilfe psychologischer Tests geklärt werden, ob die Entscheidung der spendenden Person frei und informiert zustande gekommen ist. Mit Blick auf die ärztlichen Fachkräfte wird in ethischer Perspektive vor allem darüber diskutiert, wie der Eingriff, der der spendenden Person selbst nicht nützt, mit dem Nicht-Schadenprinzip (lat. nihil nocere) als klassischem Prinzip des ärztlichen Ethos in Verbindung gebracht werden kann.
Ausweitung des Spenderkreises
Zur Frage steht, ob an diejenigen Personen, die Organe oder Teile von Organen zu Lebzeiten spenden, eine Geldzahlung geleistet werden sollte, um so den Kreis der spendenden Personen erweitern zu können. Von einigen Seiten wird eine solche "Anerkennungszahlung" für sinnvoll erachtet, da diese Spendenden erhebliche Risiken und Nachteile in Kauf nähmen und positiv auf die Mangelsituation an Spenderorganen einwirkten, müssten sie entschädigt werden. Zudem könne es ein psychologischer Vorteil sein, wenn die empfangende Person wüsste, dass die spendende Person wenigstens einen finanziellen Ausgleich für ihr Opfer erhalten habe, wodurch häufig auftretende Schuldgefühle gemindert werden könnten. Von vielen Vertretenden aus Medizin, Recht und Ethik wird der Verkauf von Organen jedoch strikt abgelehnt. Organspenden gegen Entgelt seien mit der Würde des Menschen und der verfassungsrechtlichen Wertordnung nicht vereinbar und daher abzulehnen. Befürchtet wird vor allem die Ausbeutung ärmerer Bevölkerungsschichten, da sich diese vermutlich vermehrt dazu bereit erklären würden, Organe zu Lebzeiten zu spenden.
Neben der Idee, finanzielle Anreize für lebendspendende Personen zu schaffen, gibt es weitere Vorschläge mit Hilfe derer eine Ausweitung des Spendendenkreises erzielt werden soll. So wurde in den letzten Jahren vermehrt über die Überkreuz-Lebendspende diskutiert. Diese könnte für Personen, für die aufgrund fehlender Blutgruppenverträglichkeit und HLA-Typisierung eine Lebendspende unter Verwandten nicht möglich ist, lebensrettend sein.
Diskutiert wird außerdem über die Möglichkeit einer Ausweitung des Spendendenkreises durch die so genannte anonyme Lebendspende ("Pooling"). Diese sieht vor, dass Organe zugunsten einer nicht von der spendenden Person bestimmten, ihr unbekannt bleibenden empfangenden Person gespendet werden. Nach den derzeit diskutierten Modellen soll die Spende in einen Pool erfolgen, um die Anonymität und den Ausschluss von Organhandel sicherzustellen. Die gespendeten Organe sollen dann nach ähnlichen Kriterien wie die für postmortale Spenden geltenden Regelungen verteilt werden.
(Tier-)Ethische Fragen bei der Xenotransplantation
Die (tier-)ethische Beurteilung der Xenotransplantation ist stark von der zugrundeliegenden philosophischen Perspektive abhängig. Zu unterscheiden sind dabei der Anthropozentrismus, demzufolge nur der Mensch einen genuin eigenständigen moralischen Wert besitzt, der Pathozentrismus, der die Empfindungsfähigkeit und das Selbstbewusstsein zum Ausgangspunkt moralischer Beurteilungen nimmt, der Biozentrismus, der jedem Lebewesen einen intrinsischen moralischen Wert zuweist und schließlich der Holismus, der sowohl die belebte als auch die unbelebte Natur als moralisch signifikant wertet und dessen moralische Beurteilungen sich nicht auf Individuen beziehen, sondern auf das Gesamtsystem. Darüber hinaus sind Binnendifferenzierungen zu beachten, etwa die Unterscheidung zwischen dem starken Anthropozentrismus, der nicht-menschlichen Entitäten keinen moralischen Wert zugesteht und dem schwachen Anthropozentrismus, dem zufolge nicht menschliche Entitäten einen abgeleiteten moralischen Wert besitzen.
Die Xenotransplantation wird, in Abhängigkeit davon welche der soeben skizzierten Positionen zugrunde gelegt wird, unterschiedlich bewertet. Im starken Anthropozentrismus ist die Verpflanzung tierischer Organe zum menschlichen Nutzen unproblematisch. Da nur Menschen ein moralischer Status zukommt, sind Tiere jederzeit als Gebrauchsobjekte zu verstehen, die zum menschlichen Wohl genutzt werden dürfen. Der schwache Anthropozentrismus ermöglicht es, Tieren einen vom Menschen abgeleiteten moralischen Status zuzuordnen. So ist die Tierquälerei in einer kantischen Ethik deshalb problematisch, weil sie zu einer Verrohung der tierquälenden Person führe. Die verletzte Pflicht betrifft daher nicht einen moralischen Wert des Tieres, sondern die Einschränkung der Fähigkeit zur Empathie des Menschen. In diesem Sinne kann argumentiert werden, dass die Transplantation tierischer Organe dann gerechtfertigt ist, wenn das Tier nicht übermäßig leiden muss.
Der Pathozentrismus fasst das Interesse, Leid zu vermeiden, als eine Eigenschaft auf, die eine moralisch signifikante von einer moralisch indifferenten Existenz unterscheidet. Einige Pathozentrist*innen argumentieren dafür, dass die graduelle Einteilung des moralischen Wertes eines Lebewesens nicht abhängig von der Spezies ist – solche Theorien werden „speziesistisch“ genannt –, sondern von der Ausprägung der Fähigkeit, über Interessen zu verfügen. Daraus wiederum folgt die Symmetrieüberlegung, dass Lebewesen mit einer vergleichbaren Fähigkeit, über Interessen zu verfügen, auch vergleichbar behandelt werden sollten. Wenn also die Interessefähigkeit eines Pavians ähnlich stark ausgeprägt ist wie die eines Säuglings, der an einer Anencephalie erkrankt ist, einer Krankheit, bei der das Gehirn des Neugeborenen nicht vollständig ausgeprägt ist und dessen Lebenserwartung wenige Tage nicht übersteigt, dann dürfen entweder beiden Lebewesen die Organe entnommen werden oder keinem der beiden.
Kritische Stimmen wenden ein, dass dieser Ansatz das „Leid an sich“ zu minimieren versuche, dabei aber übersehe, dass Leid stets von einem Individuum erfahren werde. Da Leid an ein Individuum gebunden sei, müsse die Organentnahme bei einem leidensfähigen Lebewesen kategorisch ausgeschlossen werden. Die Leidensfähigkeit ist dabei nicht eine bloße Schmerzempfindung, vielmehr ist damit ein allgemeiner Begriff gemeint, dessen positiver Gegenbegriff das Wohlbefinden ist.
Der Biozentrismus schließlich weist allen lebenden Organismen einen genuin moralischen Status zu. Dabei ist eine weitere Gewichtung zwischen Menschen und Tieren auch im Biozentrismus möglich, der Unterschied zum Pathozentrismus liegt aber darin, dass nicht nur leidens- oder interessefähige Lebewesen einen moralischen Status besitzen, sondern alle Lebewesen, etwa auch Pflanzen. Aus dem Biozentrismus folgt daher weniger eine Forderung nach einer absoluten Gleichstellung allen Lebens in moralischer Hinsicht, sondern eher die Forderung nach einem schonenderen Umgang mit Tieren und Pflanzen.
In Deutschland wird mehrheitlich ein integratives Konzept vertreten, das anthropozentrischen und biozentrischen Ansätzen Rechnung trägt. Personen, die diesen Ansatz vertreten, gehen davon aus, dass Tieren zwar Rechte zukommen, dass sie jedoch nicht den gleichen (moralischen) Stellenwert wie Menschen besitzen. Dementsprechend befürworten sie die Xenotransplantation in Fällen, in denen die Erhaltung, Rettung, Förderung und der Schutz menschlichen Lebens betroffen ist.
Doch auch der Aspekt des Tierwohls im Rahmen des Eingriffes erfordert eine ethische Betrachtung. Das deutsche Tierschutzgesetz fordert bei Tierversuchen jeglicher Art ein, das Leiden des Tieres auf ein „unerlässliches Maß“ zu beschränken (§7 Abs. 1 Satz 1 TierSchG). Tierversuche dürfen nur durchgeführt werden, wenn die voraussichtlichen Schmerzen und Schädigungen „ethisch vertretbar“ sind (§7a Abs. 2 Satz 3 TierSchG).
Folgen der Xenotransplantation für den Menschen
Diskutiert wird ferner über eine sinnvolle Risiko-Nutzen-Analyse der Xenotransplantation. Im Mittelpunkt der Debatte steht zum einen die Frage, ob der finanzielle und logistische Aufwand, den die Forschung zur Xenotransplantation erfordert, gerechtfertigt ist, obwohl die Ergebnisse nur einer relativ kleinen Gruppe von Menschen, nämlich denjenigen, denen tierische Organe erfolgreich transplantiert werden, zugutekommt. Problematisch ist zum anderen, dass Forschung mit Menschen betrieben werden muss, um überhaupt Fortschritte auf dem Gebiet der Xenotransplantation erzielen zu können.
Befürwortende betonen den Nutzen, den die Xenotransplantation für Schwerkranke mit sich bringen könne. Kritische Stimmen verweisen indes darauf, dass die Übertragung tierischer Organe auf den Menschen mit unabsehbaren Risiken verbunden sei. Als Risiken werden vor allem Infektionen und Abstoßungsreaktionen diskutiert. Da sich der menschliche Organismus von dem des Tieres unterscheidet, können sowohl Infektionen als auch Abstoßungsreaktionen in noch viel größerem Maße auftreten als dies bei der Übertragung menschlicher Organe der Fall ist. Problematisch ist nicht nur die Möglichkeit der Übertragung bereits humanpathogener Infektionserreger, sondern auch, dass sich bislang nicht humanpathogene Erreger durch die Transplantation zu solchen entwickeln könnten. Uneinigkeit besteht in der Frage, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass sich ein solcher Infektionserreger herausbildet. Um der medizinethischen Anforderung gerecht zu werden, dass zu behandelnde Personen über mögliche Risiken informiert werden, wird die Aufklärung der Öffentlichkeit über die Möglichkeit eines neuen Infektionserregers gefordert. Ferner wird die Gefahr diskutiert, dass die Bereitschaft Organe postmortal oder auch lebend zu spenden sinken könnte, wenn tierische Organe zur Verfügung ständen, wodurch wiederum ein Organmangel an „qualitativ hochwertigeren“ menschlichen Organen entstehen könnte.